Literarische Texte docken an unsere eigenen Erlebniswelten an. Design-Studierende der Academy of Visual Arts lesen den Roman Nichts Weißes und erzählen davon in (bewegten) Bildern; Ulf Erdmann Ziegler kommentiert.
Die Arbeit von Tatjana Haede
Nichts Weißes: »Marleen überlegte einen Augenblick, ob sie ihren Namen von der Liste streichen sollte, still, und dann gehen. Stattdessen faltete sie das Blatt auf Achtelformat und verstaute es in der Hintertasche ihrer Hose. Die Assistenten gafften, als sähen sie einen Striptease.«
Tatjana Haede: »An meinem Arbeitsplatz, in einem Modehaus, muss ich mich an einer der Kassen im Geschäft einstempeln, wenn ich komme, und ausstempeln, wenn ich gehe; eine Art moderne Stechuhr. Habe ich mich ein- oder ausgestempelt, wird mir ein Zettel ausgedruckt. Diesen Zettel falte ich jedes Mal und stecke ihn in meine hintere Hosentasche. Danach fange ich an zu arbeiten.«
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Die Academy of Visual Arts ist eine private Schule, und viele Studierende müssen arbeiten, um sich das Studium zu verdienen. Deshalb herrscht während eines Seminarnachmittags ein erstaunliches Kommen und Gehen. Umso überraschender, dass Tatjana Haede ein winziges Partikel ihrer Arbeitsstelle – eine primitive Variante von Stechuhr – auffalten konnte zu einem vielgestaltigen strukturalen Zeichen; passenderweise verbunden mit meiner Heldin Marleen in einer kniffligen Situation … an der Kunsthochschule Kassel. Ich habe die Studierenden übrigens ermuntert, Computerprogramme zu vergessen und alles, was von Hand zu machen geht, von Hand zu machen.