Ich bin gern in Bars. Wenn ich in fremden Städten bin, und nicht weiß, wohin mit mir, gehe ich in die nächste Bar und setze mich an die Theke. Wenn sich eine Freundin oder ein Freund mit mir treffen will, sage ich selten »lass uns essen gehen«, ich sage fast immer: »Lass uns in eine Bar gehen!« Wenn ich einen Tag hinter mir habe, an dem ich viel geschrieben habe, gehe ich in eine Bar, um mich zu entspannen. Wenn ich einen Tag hinter mir habe, an dem ich zu wenig oder nichts geschrieben habe, gehe ich in eine Bar, um zu schreiben. Eine gute Bar ist ein Ort, an dem alles möglich ist.
Konzentration. Zerstreuung. Glück. Ein Tanz, ein Streit, ein Kuss. Gespräche über Fußball, über Kunst, über Politik und über gebrochene Herzen. In einer guten Bar sind Menschen, mit denen all diese Dinge besser gehen als mit anderen Menschen. Weil die meisten alleine kommen, aber nicht alleine bleiben wollen. Sonst hätten sie sich ja auch zu Hause auf die Couch legen können.
Und natürlich sind es die Drinks, die ich an einer guten Bar schätze. Meine Favoriten: eiskalte Weißweinschorle und Wodka, je nachdem, was ich von einem Abend will. Weißweinschorle trinke ich an leichten, aufgeweckten Abenden, wenn ich auf Diskussionen aus bin, wenn alle durcheinander reden und Worte wie Bienen durch die Luft schwirren – oder wenn ich schreiben möchte. Ich trinke nie viele Weinschorlen, ich möchte mich damit nicht betrinken, ich möchte nur ein Glitzern im Gehirn, ein Zwinkern im romantischen Muskel. Und auf dem Weg nach Hause hüpfe ich von Ecke zu Ecke.
Die anderen Abende fangen meistens etwas später an, und sie gehen so: Die Musik ist lauter als sonst, es ist etwas zu warm in der Bar, keiner hat mehr Termine, und alle haben schon leicht einen sitzen. Irgendwo am Tresen ist ein Platz frei, und daneben ist auch ein Mensch frei, und meistens auch noch einer und noch einer, und schon sind wir mitten drin in irgendwas. Wir reden und lachen und singen und tanzen, und immer wieder stehen Gläser mit Wodka auf der Theke, einfach weil einer von uns zum Barkeeper gesagt hat: »Gib uns bitte mehr davon.« Der Taumel legt sich wie ein Tarnumhang über unseren Alltag, die Welt, auf der wir stehen, auf der wir gehen, wird immer beweglicher, der Boden fängt an zu vibrieren, es ist wie Urlaub im Kopf, wir begegnen uns von Herz zu Herz, und auch einer, der den ganzen Abend schweigt, erzählt den anderen sein Leben.
Gegen Morgen, vielleicht dämmert es sogar schon, können wir nicht mehr so gut reden, aber wir können immer noch nicht aufhören, zusammen zu sein, also bringen wir uns gegenseitig nach Hause. Am Ende schließe ich meine Tür auf und schleppe einen Sack voller Geschichten in den 3. Stock, die es niemals geben würde, wären da nicht diese Bars um die Ecke – in allen Städten der Welt in gewissen Stunden die besten Orte von allen.