PROSANOVA ist ein Festival für junge Literatur, das seit seiner Gründung 2005 alle drei Jahre in Hildesheim stattfindet. Veranstaltet wird es von den HerausgeberInnen der BELLA triste, Unterstützung bei der Planung und Durchführung erhalten sie von Studierenden des Fachbereichs 2 der Universität Hildesheim. PROSANOVA | 17 stellt die Frage nach »MATERIAL, PROZESS und PROTOKOLLEN«. In diesem Sinne geben hier Paul Brodowsky, der das Festival 2005 ins Leben rief, Jacob Teich, der 2011 und 2014 als Redaktionsmitglied von Litradio für die Dokumentation und das Begleitprogramm des Festivals verantwortlich war, und Martina Wunderer, die das Festival noch nie besucht hat, Einblick in ihre ganz persönlichen Eindrücke des diesjährigen PROSANOVA. Ein Chat-Protokoll und ein dialogisches Festival-Journal.
Jacob, 14:52, Moltkestraße (Hildesheim)
Immer, wenn ich zuletzt durch Hildesheims Straßen lief, wie jetzt, hatte ich das Gefühl befangen zu sein – »befangen« auch insofern, als ich glaube, etwas beweisen zu müssen, Ansprüchen und Erwartungen gerecht werden (dass ich auch ohne das hier gut zurechtkomme, dass ich es zu etwas gebracht habe?). – Jetzt, kurz vor Festivalbeginn, bin aber wohl vor allem ich es, der Erwartungen hat (vielleicht erst recht, weil ich irgendwie an den letzten beiden mitgewirkt habe – ich kann das nicht trennen).
Martina, 15:48, Pappelallee (Berlin)
ich war noch nie beim prosanova. ich war auch noch nie in hildesheim. ich stell es mir ein bisschen vor wie kabeljau und dorsch, nur größer und bei tageslicht.
Paul, 15:50, RE50 (zwischen Fallersleben und Weddel)
Der Prä-Prosanova-Raum, dessen Anfang diffus ist (Monate, Jahre zurückliegend) und der sich jedes Mal bis zum Zeitpunkt der Eröffnung verdichtet. Dazu gehören seit 2011, spätestens seit 2014, auch die Vorberichterstattung und die kleineren hinführenden Beiträge in sozialen Netzwerken, die das Festival um eine Art digital vermittelte Adventszeit erweitern. Einen solchen Beitrag habe ich für den Blog des Festivals in der Kategorie [Flashback] verfasst. (Rückblick und Erwartung sind auch da wesentliche Kategorien.)
Mein Lieblingspräprosanovabeitrag kommt diesmal von Lena Vöcklinghaus und Florian Kessler, die im Blog des MERKUR im Gewand einer Vorabfestivalbilanz (sprich: ihre Erwartungen an eine bald gewesene Vergangenheit) den diskursiven Raum von PROSANOVA | 17 sehr amüsant aufspannen – samt der Potenziale, Flachwasserzonen und Bruchlinien (pardon my metaphor shower).
Martina, 16:21, Pappelallee (Berlin)
Jacob, 16:30, ALDI (Hildesheim)
»Halt wie auf der Fusion«, schnappe ich auf, während die letzten Aufbauarbeiten stattfinden. (Als ich 2010 mein Studium in Hildesheim begann und in die Nordstadt zog, war ich hier noch einkaufen.)
Paul, 16:57, Vor der Eisenhalle (Hildesheim)
Präprosanova als Bild.
Paul, 16:58, Vor der Eisenhalle (Hildesheim)
[Und als Zustand, aber nicht mehr lange.]
Jacob, 17:50, Außenbereich (Hildesheim)
[Während der Eröffnungsreden akklimatisiere ich mich – zuvor überwog die innere Unruhe. Spiegelneuronen oder einfach Familiengefühle? Ich freue mich auf das Kommende …]
Martina, 18:05, Pappelallee (noch immer Berlin)
wer redet denn?
Paul, 18:08, Unter Stahlträgern (Hildesheim)
Die hier.
Martina, 18:09, Pappelallee (Berlin)
… als würden sie singen.
Paul, 19:02, Vor ALDI (Hildesheim)
Vor Maren Kames. Ich ein gewisses positives Spannungsgefühl.
Paul, 19:04, Vor ALDI (Hildesheim)
… die Veranstaltung, auf die ich mich bei diesem Festival besonders freue.
Jacob, 19:13, Rasselmania (Hildesheim)
Hier wurde sogar ein »Team Maren« ausgerufen – und zog sogleich von dannen. Derweil: »Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit«, heißt es in Zwischen den Stoffen.
Jacob, 19:38, Rasselmania (Hildesheim)
»Es muss alles ein großes Durcheinander sein.« (Versöhnlicher gesprochen, als mir mein dann doch noch immer fahriges Hirn weismachen will, gefällt mir das sehr gut. Ja, das kann so bleiben. Eben auch fahrig, durcheinander. Und ab.)
Jacob, 19:46, Rasselmania (Hildesheim)
»Wie albern, denkt er jetzt, aber so ist das nun mal.« (Wie albern auch von mir, denke ich jetzt …)
Paul, 19:53, ALDI (Hildesheim)
Hier ist viel vom »sheitan« die Rede, entsprungen einem Song von Låpsley, eine Art japanischer Knilch = Dämon, eine schreibbegleitende Angst, besser: ein Angstknilch.
Paul, 20:03, ALDI (Hildesheim)
Und Gehirn-Seismografie, Drift, Schreibprozesse in Frühstadien. Maren tippt live vor uns ein, wir sehen auf einer Leinwand den entstehenden Text, nebst Ton und Video.
Jacob, 20:08, Rasselmania (Hildesheim)
Zwischen den Stoffen bleibt ein Dazwischen, im besten Sinne. Als ob wir Maja-Maria Becker und Sascha Macht (gleich außerdem Johanna Maxl) jeweils für einen Moment folgen dürfen, Ausgang ungewiss, aber auch nicht nötig. Es kommt mir jedenfalls wie eine (weitere) (Er-)Öffnung vor.
Paul, 20:14, ALDI (Hildesheim)
Das Verfahren hier ist gewissermaßen eine verdoppelte Liveness gegenüber der Liveness von Lesungen.
Jacob, 20:53, Dieselhalle (Hildesheim)
Paul, 21:06, Dieselhalle (Hildesheim)
Sind das noch die Vögel von 2014?
Jacob, 21:09, Dieselhalle (Hildesheim)
Eine Installation von Rebecca Martin. (Oder wie Thomas Klupp während der Eröffnung meinte: »Eine Möwe, die ihre leicht schiefen Schwingen um all das hier legt.« Jetzt nur in viel.)
Jacob, 21:11, Dieselhalle (Hildesheim)
(Und waren es 2014 nicht Bücher?)
Paul, 23:02, Dieselhalle (Hildesheim)
Meine Inseldramaturgie ist sehr okay: Unfertig fand ich hier fast alle Texte; die stärksten hatte ich zum Schluss – Henrik Pohl, wenn man seinem Text meines Erachtens auch ein wenig anmerkt, dass Dorothee Elmiger inzwischen stilbildend ist (kein Wunder), und vor allem Johannes Kochs schöne listig listenhafte Miniaturen.
Paul, 23:12, Dieselhalle (Hildesheim)
P. S.: Ich wette um drei Drinks, dass es 2014 auch Kraniche gab (neben von der Decke hängenden ›Büchervögeln‹).
Jacob, 23:36, ALDI (Hildesheim)
Ja, schön bspw. auch »eine gewisse Offenheit«, die der Erzähler einer der Miniaturen im Päckchen mit den »Dingen, die er verloren hat« zurückgeschickt bekommt, wie ich finde. (Und was ich am heutigen Tag auch mochte: dass es hier so Vieles gibt. Irgendwie überfordernd zunächst, aber zugleich auch ein großes Glück.)