Aus dem Jahr 1967 stammt die Feststellung von Peter Handke – zugleich eine Forderung an sich wie andere –, eine Möglichkeit, »die Welt darzustellen«, bestehe für ihn jeweils nur einmal. »Die Nachahmung dieser Möglichkeit ist dann schon unmöglich.« Diese Maxime ist auch auf das gesprochene Wort anwendbar, und Handke hat, entgegen dem grassierenden Vorurteil, viele Zwiegespräche gesucht oder zumindest zugestanden (den Zeitungen, dem Fernsehen, im Film – immerhin hat er ja, seit der Publikation des Romans Die Hornissen 1966, viele und vielfältigste Bücher, Theaterstücke, Essays geschrieben, Übersetzungen angefertigt, annähernd 60 Titel). So ist mir, um Beispiele hervorzuheben, ein Film (ich glaube von Georg Stefan Troller) in Erinnerung, er hat Paris zum Schauplatz, in dem Handke mit seinem Übersetzer Georges-Arthur Goldschmidt an der Übersetzung von Wunschloses Unglück (1972) arbeitet und beklagt, dass sich für einen bestimmten Ausdruck im Deutschen kein nur annähernd brauchbares französisches Wort finde; das buchlange Interview mit Herbert Gamper auf dem Mönchsberg in Salzburg, in dem es fast ausschließlich um Langsame Heimkehr (1979) geht; das Interview im Stern mit Gabriel Grüner, 1996 geführt, über die Kriege im ehemaligen Jugoslawien (1999 starb der Reporter während des Kosovokriegs); ein weiterer Film in der Regie von Troller, in dessen Schlußeinstellung Peter Handke auf dem Bahnhof von Chaville-Vélizy steht und den Eindruck vermittelt, er sei der einsamste unter allen Menschen.
Der Dokumentarfilm von Corinna Belz (Peter Handke – Bin im Wald. Kann sein, daß ich mich verspäte) zeigt am Ende Handke in ähnlichem Umfeld – doch diesmal ist die Einstellung nur ein Gegenakkord unter mehreren, in denen Peter Handke in anderen Situationen ganz anders auftritt. Allein die Ausgangslage, welcher der Film seine Existenz verdankt, nämlich dass er mit der Regisseurin wiederholt über mehrere Jahre hinweg gesprochen hat, belegt sein Vertrauen zum Gegenüber; in diesem Zusammenhang müßte der Auftritt von Sophie Semin-Handke und seinen beiden Töchtern detailliert betrachtet werden (z. B. die Passage, in der die ältere, Amina, auf die Farbenblindheit ihres Vaters anspielt, oder dieser eine Arbeit zu drei Filmen der jüngeren, Léocadie, zur Kenntnis genommen hat und richtiggehend stolz deswegen ist). Genauso gewichtig ist die Tatsache, dass Handke in diesem Film den Kern seiner gesamten poetischen Tätigkeit, wie immer gelassen, Wort für Wort eigens pronocierend, formuliert: »Erfinden ist Materie schaffen.« Da wird’s dann richtig spannend, innerhalb und außerhalb des Films.
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