Mit dem WM-Extrablatt begleiten wir die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien vom 12. Juni – 13. Juli 2014. Unser Team: Imran Ayata, Friedrich von Borries, Paul Brodowsky, Petra Hardt, Heinz Helle, Verena Güntner, Thomas Klupp, Katja Kullmann, Matthias Nawrat, Christoph Nußbaumeder, Albert Ostermaier, Thomas Pletzinger, Doron Rabinovici, Lutz Seiler, Stephan Thome, Stefanie de Velasco.
Am 4. Juli 1954 fand meine Taufe statt. Nach der Zeremonie rannte die Familie von der Kirche nach Hause, um an dem einzigen Transistorgerät die Übertragung aus Bern zu hören. 1966 hatte ich Bilder von Franz Beckenbauer und Helmut Haller in der Schultasche. 1978 verliebte ich mich in Luis César Menotti. Das hatte Folgen. Ich erkannte, dass der Junge, den ich ein Jahr zuvor geheiratet hatte, der Falsche war. 1990 sprangen mein Mann, die drei Kinder und ich vollständig bekleidet in unseren Pool im Taunus. 2014 wurde meine Enkelin Leonora in Palo Alto geboren: die erste Amerikanerin in der Familie.
Recife 26. Juni 2014 18.00 Uhr MEZ USA : Deutschland
21.908 Tage sind seit dem Endspiel in Bern vergangen. Peter Sloterdijk hat Geburtstag, außerdem Efrat Lev von der literarischen Agentur Deborah Harris in Jerusalem und Adrienne Schneider, Frankfurt.
Deutschland beginnt beherzt. Zum Glück läuft Schweinsteiger auf und nicht Khedira. Die Twitter-Gemeinde hatte dies schon beim Spiel gegen Ghana vehement gefordert. Auch Welke, Kahn, Effenberg und Scholl. Das Pressing der deutschen Mannschaft klappt, die schnelle Umschalttechnik nicht. Bei den Amerikanern erkennt man weder Pressing noch Technik. Erinnerungen an den FSV in den siebziger Jahren werden wach. Jones sieht auch so aus. Wie aus Frankfurt-Bornheim. Mertesacker und Höwedes stehen sich auf den Füßen. Der Reporter des ZDF, Oliver Schmidt, sagt, Deutschland atmet durch.
Es ist aber 29 Minuten nichts passiert. Natürlich kann man auch dann durchatmen. Schadet nicht. In der 34. Minute gibt es die zweite große Chance für Deutschland durch Müller. Auch die erste war durch Müller. Özil steigert sich, Schweinsteiger gibt die meisten Impulse. Halbzeit. Löw bringt Klose für Podolski. In der 54. Minute 1:0 für Deutschland durch Thomas Müller. Flanke von Özil auf Mertesacker, Torschuss abgewehrt durch den US-Keeper Howard, der Ball landet bei Müller, der schießt in die lange Ecke: Tor. Götze kommt in der 76. Minute für Schweinsteiger, Schürrle in der 89. Minute für Özil. In der Nachspielzeit haben die Amerikaner noch eine Torchance, die durch Lahm abgewehrt wird. Barack Obama verfolgt das Spiel in der Air Force One auf dem Weg nach Minneapolis.
Insgesamt eine solide, unspektakuläre Leistung der deutschen Elf. Beide Mannschaften erreichen das Achtelfinale: Deutschland als Gruppenerster, die USA als Gruppenzweiter, Portugal und Ghana fahren nach Hause. Jézio Gutierre, der Verleger von UNESP aus São Paulo, gratuliert als Erster. Er ist von vornehmer Art und würde auch gratulieren, wenn Deutschland gegen Brasilien gewänne.
Auch ich gratuliere gerne: den niederländischen Kollegen, den französischen Freunden, Alejandro Katz in Buenos Aires, Cleopatra und Vassili Catsanis in Athen. Das ist irgendwie cool: Man kennt in jedem Land jemanden und kann sich in der Vorrunde gelassen geben. In Uruguay kenne ich leider niemanden. Rooney kann ich nicht leiden, weswegen mein Freund Stephen Elford und ich nie über Fußball sprechen.
Auch Cristiano Ronaldo kann ich nicht leiden, aber den kann niemand leiden, außer kleine Jungens. Als ich 2009 in Buenos Aires war, sind Katz und ich dreimal zu dem Kaffeehaus gefahren, wo Menotti angeblich immer sitzt, aber dann saß er dreimal nicht da. Ich muss wiederkommen.
Wenn es diesmal nicht klappt, was ich vor allem für Lahm, Schweinsteiger, Klose und Mertesacker bedauern würde, dann schafft es Tuchel mit Durm und Leitner und Goretzka. Irgendwann werden wir wieder Weltmeister, gerne auch 2022, aber bitte nicht in Katar.