Seit 1998 arbeiten die Autorin und Musikerin Melinda Nadj Abonji und der Spoken Word-Künstler und Sänger Jurczok 1001 an einer eigenständigen Bühnensprache aus kurzen Erzählungen, Spoken Word-Texten, Elektrischer Geige, Gesang, Human Beatbox und Loops. Konstant haben sie ihre Verschiedenheit herausgearbeitet, Brüche und Reibungen in ihrer Arbeitsweise verstärkt und sich damit einen Ruf als virtuose Sprachartisten gemacht. Ihre genreübergreifende Zusammenarbeit ist einmalig in der deutschsprachigen Literatur. Ihr Mut zur Innovation wurde mit Einladungen an zahlreiche internationale Literaturfestivals und Sprechbühnen belohnt.
Ich schreibe. Hinter den Buchstaben, das weiße Papier. Ich schreibe und das Ohr schreibt mit. Weil die Ohren eine altehrwürdige Intelligenz sind. Und weil die Buchstaben körperlich sind. Die stillen Notationen warten darauf, aus dem Blickfeld entführt zu werden, in den Klangraum hinein. Den Buchstabenschatz mit der eigenen Stimme verkörpern. Ich lese die Texte laut, stoße die Wörter über die Klippe, aus dem Mundraum über die Lippe, höre zu, ob sie klingen. Ich sage ich, und das klingt anders als das Wort aussieht. Ich spiele nicht, sondern spreche. Auch Sprachen, die es nicht gibt, die »nur« im Klang existieren – das Feld erkunden. Vom Sprechen zum Summen zum Singen. Ich schleudere die Buchstaben aus mir heraus, in einem Schrei. Das Publikum zieht die Köpfe ein. Achtung! Ich sage nichts mehr. Und die Stille im Raum ist die höchste Anspannung. Dastehen. Möglichst lange. In der Luft ist alles hörbar, die Niedertracht der Wörter, ihre Zärtlichkeit, ihre Stumpfheit, ihre Nachbarschaft zur Tat. Ich hole Atem. Um Worte zu finden, die im eigenen Mund entstehen.
Melinda Nadj Abonji & Jurczok 1001: woerdz 2014
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