Werbung für sich selbst zu machen ist wie eine Aufnahme der eigenen Stimme anzuhören, in der man sagt, dass man seine Stimme sehr mag.
Ich habe natürlich ja gesagt. Eigentlich sage ich immer ja, und ab und zu mache ich dann auch was, und denke mir, hätte ich bloß nicht ja gesagt, und alles ist furchtbar schwierig und anstrengend und irgendwann dann vorbei, geschafft, und dann fragt man mich, ob es okay war, und ich sage natürlich, ja klar.
Ich wurde gefragt, ob ich Werbung für mein neues Buch machen wollte. Also nicht einfach anderen davon erzählen, dass es dieses Buch gibt und dass ich mir Mühe gegeben habe, dass ich mehrere Jahre daran gearbeitet habe und dass ich es persönlich schön finde, sondern richtige Werbung, so à la: Jetzt kaufen: der neue Roman von Heinz Helle.
Ich wurde gefragt, weil ich schon oft Werbung gemacht hatte, viele Jahre meines Lebens davon meine Miete bezahlt hatte und mein Essen, und meinen Porsche, den ich dann aber wieder verkauft hatte, kurz nachdem ich angefangen hatte, weniger Werbung zu machen, weil ich merkte, dass mich Werbung machen unglücklich macht, Werbung hat zwar mit Sprache zu tun, und Sprache macht mich sehr glücklich, aber nur, wenn ich sie so verwenden darf, wie ich will.
Aber ich hatte ja ja gesagt. Also sagte ich, reiß dich zusammen, heul jetzt nicht rum, irgendwas wird dir schon einfallen, dir ist schon so viel eingefallen, für Burger, Autos und Lebensversicherungen, für Joghurts und Kleider und Bier. Aber mir fiel überhaupt nichts ein. Gar nichts.
Ich glaube, dass es möglich ist, etwas Beliebiges über etwas Beliebiges zu schreiben, zum Beispiel Geil ist Geil für einen Elektronikmarkt, und manchmal sogar etwas Wahres über etwas Beliebiges, zum Beispiel Hundert Gramm Rinderhack Neunundneunzig Cent.
Als ich aber versuchte, etwas Wahres zu schreiben, über etwas, was für mich wahr war, und was ich selber geschrieben hatte, schienen die Wörter transparent zu werden, und ich war nicht imstande, eine Aussage zu formulieren, die etwas enthielt, was nicht schon im Buch enthalten war, oder die nicht vermessen gewesen wäre, langweilig oder trivial. Etwas Vermessenes, Langweiliges oder Triviales wollte ich nicht schreiben. Etwas Unwahres noch weniger.
Ich traf mich also mit einem ehemaligen Kollegen aus einer Werbeagentur und fragte ihn, ob er nicht eine Idee hätte, wie man für mein Buch werben könnte. Er fragte mich, worum es denn gehe. Ich sagte, dass alles kaputt gehe. Er sagte aha. Wir schwiegen eine Weile und nippten abwechselnd an den Bierdosen, die wir uns mitgenommen hatten auf die Parkbank, auf der wir die Social Media Kampagne für mein neues Buch entwickeln wollten.
Ist es brutal?, fragte er. Ich glaube schon, sagte ich. Der Hörbuchverlag hat jedenfalls abgesagt. Sie finden das Buch zu hart zum Anhören. Aha, sagte er. Und nach einer Weile: dann muss man es eben lesen. Den Rest des abends tranken wir Bier und redeten über früher.