Nach welchem System ordnen Sie Ihre Bücher?
Am liebsten alphabetisch. Ein wunderbares System, das dem Bedürfnis nach Ordnung so sehr entgegen kommt. Aber das ergibt leider nicht immer Sinn. Mein Mann und ich haben im Laufe der Jahre daher verschiedene Ordnungssysteme in die Bibliothek gebracht: Zunächst sind die Bücher nach Themenfeldern geteilt. Einige davon wie die Theologie oder allgemeine Geschichte oder Philosophie sind chronologisch angeordnet. Aber innerhalb der Forschungsschwerpunkte herrscht das Alphabet. Vor allem ist die Belletristik alphabetisch aufgestellt. Sie wuchert am ärgsten und ist mittlerweile ab dem Buchstaben T in die Küche eingedrungen. In meinem Kindl sind die Bücher ganz ungeordnet, was mich beunruhigt. Dafür steht dort Sibylle Berg neben Andreas Fahrmeir, was natürlich auch schön ist.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Luhmann: Soziologische Aufklärung, Gaito Gasdanow: Nächtliche Wege, Sönke Neitzel: Deutsche Krieger, Flannery O’Connor: A Good Man is Hard to Find und ca. 10 weitere Bücher.
Wie weit reicht Ihre Sammlung zurück?
Bis in meine Kindheit mit dem Bilderbuch Wurzelkinder und bis zu Platon.
Welche Bücher liegen Ihnen besonders am Herzen?
Meine Familie hatte wenig Geld, und ich konnte mir als Jugendliche nur selten ein Buch kaufen. Diese seltenen Bücher (meistens Taschenbücher oder antiquarische Bücher) haben immer noch den Glanz des Außergewöhnlichen und Kostbaren und sehr Aufregenden: dazu gehört etwa ein Taschenbuch-Erzählband von Thomas Mann oder (antiquarisch) Hemingways For Whom the Bell Tolls. Die Bibliothek meiner Eltern war groß, trotzdem war das Gefühl, ein Buch tatsächlich selbst zu besitzen, für mich etwas Wichtiges.
Welches Buch hat Ihr Leben verändert?
Bücher haben immer wieder krass in mein Leben eingegriffen. Etwa ein Kinderbuch von Astrid Lindgren, in dem sich eine Erzählung von einem feenartigen Wesen fand. Die Geschichte hat mich mitgerissen und ganz sehnsüchtig gemacht, und ich glaube, ich habe in dem Moment etwas von guter Literatur verstanden, die uns regelrecht verrücken kann. Dann Deutschland umsonst von Michael Holzach: Es war das erste Erwachsenen-Buch, das ich gelesen habe; ich war noch ein Kind und hatte das Gefühl, dass mir das nicht zustand, und so war die Lektüre furchtbar aufregend. Alle Jugendbücher empfand ich dann als reine Zumutung und Zeitverschwendung. Mit 12 oder 13 las ich Exodus von Leon Uris, das mir die Liebe zu Israel eingepflanzt und einmal mehr die Verbrechen der Deutschen im NS vor Augen geführt hat. Außerdem haben viele der üblichen Verdächtigen mein Denken verändert: die Bibel, Goethes Faust immer und immer wieder, Georg Büchners Lenz (so unfassbar schön), Gedichte von Droste-Hülshoff, Philipp Roths The Human Stain, in dem die ganze Kompliziertheit, Abgründigkeit und Schönheit unserer diversen Gesellschaften beschrieben wird.
Welches Buch haben Sie zuletzt verschenkt?
Ich konnte mich nicht entscheiden und habe daher bei dem Besuch alle drei Bücher mitgebracht: Mely Kiyak: Frausein; Chimamanda Ngozi Adichie: Americanah; Anne Weber: Annette, ein Heldinnenepos.
Wer soll Ihre Bücher einmal bekommen?
Wer immer dann noch Bücher auf Papier mag.
Wie sieht/sähe Ihre ideale Bibliothek aus?
Diese Frage ergibt für mich komischerweise wenig Sinn. Wie sähe das ideale Leben aus, in dem ich mehr Zeit zum Lesen hätte, das ist doch die Frage, nicht?