Was ist das Schönste, wenn man nach einer langen Reise in die Heimatstadt zurückkehrt und nicht mit einem öffentlichen Verkehrsmittel, sondern bequem in einem Taxi nach Hause fahren möchte? Genau: die Taxifahrt. Die Gründe sind vielfältig. Zum einen wird man endlich wieder in ein Selbstgespräch mit einbezogen, dem keine Talkshow des Universums das Wasser reichen kann. Ein Fahrer, sieben Meinungen, null Erkenntnisse, ausschließlich postfaktisches Gedöns, besonders eindrucksvoll an roten Ampeln oder bei Überholmanövern, wenn der Fahrer außer sich ist, weil er nicht mit Verkehr gerechnet hat.
Stichwort Verkehr: Hier kommen wir zu einem weiteren Grund, warum Taxifahren nach langer Abwesenheit von daheim eigentlich unerlässlich ist. Jetlag oder Abschiedsschmerz in der Ferne sind maximal achtundvierzig Sekunden, nachdem man im Wagen Platz genommen hat, wie weggeblasen. Der Irrsinn macht’s. Brandneue Straßen, die offensichtlich in Windeseile – während man faul am Strand lag oder in hundert Meetings Weises vernahm – gebaut wurden, verschönern plötzlich das Stadtbild, schlängeln sich weiträumig und von einundneunzig Ampeln gesichert um das Gebiet, in dem die eigene Wohnung liegt; der Taxler, mittlerweile beim Thema Drecksbundesregierung nicht zu bremsen, streut brutal untermauerte Vorschläge zur Abschaffung bestimmter Stadtteile ein und führt in freirhythmischer Poesie aus, weshalb die Drecksbonzen in den Luxushochhäusern allesamt Drecksrussen sind oder Drecksdings aus Isjaklarwoher.
Und hier landen wir schnurstracks beim wesentlichen Grund fürs Taxifahren nach langer Abwesenheit vom Heimatort. Nirgendwo sonst, in keiner gesellschaftlichen Schicht, in keinem anderen Berufszweig, ist die Eingliederung von Mitbürgern mit Migrationshintergrund so überragend geglückt wie im Taxigewerbe. Ob Bayer, Schwabe, Rheinländer, Hesse oder Berliner, ob Türke, Aserbaidschaner, Iraker, Grieche, Albaner oder Vietnamese – sie alle eint die Freiheit, aufzubrechen, wohin sie wollen (schweig, Fahrgast, schweig), und sie alle sprechen die eine heiter-heilige Sprache von Menschen, die verstanden haben, dass Dienstleistung nur ein Wort ist, bar jeder Wirklichkeit und Verpflichtung. Die gemeine Arschgeige ist universal, und wir müssen ihr huldigen, wenn wir die Sache mit dem großen Miteinander tatsächlich ernst meinen. Was für eine Gemeinschaft Gleichgesinnter in einer globalen, undurchschaubaren und manchmal, ja, durchaus drecksblöden Welt! Der Taxifahrer – egal welcher Hautfarbe und mit welchen Sprachkenntnissen auch immer gesegnet – ist die Integration in Person. Und in manchen Großstädten braucht sie, so scheint es, nicht einmal einen Führerschein.