täglich ein stück weiter ist eine kolumne mit theaterverlegerischen reisenotizen von frank kroll. es geht um momentaufnahmen aus dem theateralltag, um wegesrandbemerkungen über glanzlichter und merkwürdigkeiten eines ganz eigenen literaturmarktgeschehens.
unlängst war wieder einmal davon die rede, theaterautorinnen und -autoren seien vom AUSSTERBEN bedroht. dem ist selbstredend nicht so. vielmehr sollten wir unser augenmerk auf eine bedrohte art richten, die für das deutsche theaterwesen bis vor kurzem systemrelevant schien:
bekanntermaßen wurde der zampano vom großen italienischen artenforscher fellini erstmals identifiziert (und zwar in LA STRADA). laut wikipedia handelt es sich beim zampano um einen „mann, der sich lautstark in szene setzt und mit viel tamtam eindruck schinden will. seinen staunenden mitmenschen versucht er weiszumachen, er könne sogar unmögliches möglich machen.“ letzte exemplare des zampanos finden sich heute u.a. in theaterbiotopen. betritt ein zampano den raum, weiß er durch seine bloße präsenz zu beeindrucken. mit einem wechselspiel von spontanen wutausbrüchen und sanftesten tönen bannt er unsere aufmerksamkeit. dabei fühlt sich der zampano ausschließlich seinem zu großen bzw. zu kleinen ego und seiner künstlerischen vision verpflichtet (nicht einer vorstellung von theater als sozialer, kooperativer kunst, nicht irgendeiner gesellschaftlichen konvention oder gar dem urheberrecht). der zampano stammt aus einer zeit, als an theatern die auffassung vorherrschte, wahre kunst könne nur in einer diktatorischen struktur gedeihen. heute wirkt sein unbeholfenes alphatiergehabe eher putzig. DER UMGANG MIT ZAMPANOS IST EIN WENIG ANSTRENGEND! Dennoch sollte er artenschutz genießen. mein vorschlag wäre, jeweils drei zampanos für ein halbes jahr zusammen in den weltraum zu schießen. auf dass sie INNIG UMARMT zurückkehren mögen.