Morgen findet in Berlin die Electric Book Fair, die erste E-Book-Messe Deutschlands, statt. Im LOGBUCH verrät Mitorganisator Fabian Thomas (shelff) u. a., was die Besucher(innen) erwartet, wie sich die Messe von etablierten Konferenzen abgrenzt und dass es bereits einen Austausch mit der Frankfurter Buchmesse gibt.
In einem Satz: Was und wen wollt ihr mit der Electric Book Fair erreichen?
Die Electric Book Fair soll ein Ort für Austausch sein, Neugier auf digitale Literatur wecken, Akteure zu Wort kommen lassen und Themen zur Sprache bringen, die anderswo möglicherweise unterrepräsentiert sind (z. B. Null Papier Verlag, Piraterie) – daher ist jeder willkommen.
Warum habt ihr euch für den SUPERMARKT im Wedding als Veranstaltungsort entschieden?
Es waren mehrere Orte in der engeren Auswahl. Der SUPERMARKT ist ein kommunikativer Ort, der großzügige Räume für einen interaktiven Austausch bietet. Außerdem ist das SUPERMARKT-Team sehr erfahren in der Organisation von netzaffinen Veranstaltungen. So war hier zum Beispiel bereits die Wikipedia Academy zu Gast.
Was unterscheidet eure Messe von den bereits etablierten Konferenzen – wie AKEP-Jahrestagung, Buchtage Berlin oder re:publica – rund um das Thema E-Books und Digitalisierung?
Wir wollen die auf den ersten Blick eher fachspezifischen Themen so darstellen, dass ihre Bedeutung auch für den Leser, der sich vielleicht das erste Mal mit E-Books beschäftigt, klar wird: Was sind beispielsweise die Rahmenbedinungen für das Kulturgut E-Book? Dazu kommen mit Armin Talke (Staatsbibliothek Berlin), Jan Karsten (CulturBooks) und Volker Oppmann (LOG.OS) drei Akteure zu Wort, die Spannendes von ihren Projekten zu erzählen haben. Braucht ein E-Book überhaupt ein Cover? Dazu werden sich die Gestalterin Andrea Nienhaus und der E-Book-Verleger Kaspar Dornfeld einen »Electric Battle«, also Schlagabtausch, liefern.
Wie kann man sich die »Produktpräsentation« bei einer E-Book-Messe vorstellen? Wie macht ihr eure Inhalte sichtbar?
Es wird eine Auswahl an E-Readern geben, um sich einen Eindruck von den Programmen der teilnehmenden Verlage verschaffen zu können. Klassische Messestände oder Büchertische wird man bei uns nicht finden. Außerdem sitzen wir gerade an einer gemeinsamen Publikation über die oft infrage gestellte »Ästhetik des E-Books«, die zur Electric Book Fair zeitgleich in unseren Verlagen erscheinen wird. Wie groß der Diskussionsbedarf zu diesem Thema offensichtlich noch ist, wurde ja auch in den LOGBUCH-Beiträgen von Friedrich Forssman und Volker Oppmann deutlich.
Auch »Literatur im Internet« und Genre-Themen sollen auf der Messe diskutiert werden. Worauf dürfen sich die Besucher freuen?
Ausgehend von der verbreiteten Auffassung, dass gerade Genre-Literatur im digitalen Format »gut geht«, wollen wir uns einmal genauer anschauen, was es mit Science-Fiction, Fantasy und Thriller eigentlich auf sich hat. Dazu diskutieren die Autorin Sarah Khan und der Programmleiter von Bastei Lübbe Helmut Pesch (Genre: Literatur für die Massen).
Wie sich die Literatur durch parallele Denk- und Erfahrungsräume im Netz verändert, werden die Autorinnen und Autoren Andreas Bülhoff, Richard Duraj, Stefanie Sargnagel, Jan Skudlarek und Chloe Zeegen anhand ihrer eigenen Arbeiten demonstrieren und in der Diskussion reflektieren.
Darüber hinaus werden zahlreiche E-Book-only-Autorinnen und -Autoren zu Wort kommen, und es wird eine Twitter-Performance geben: @MannvomBalkon wird sich das erste Mal live auf der Bühne mit Christiane Frohmann (@FrohmannVerlag), die als Verlegerin auf Twitter sehr aktiv ist, unterhalten.
Was reizt die internationalen Kolleginnen und Kollegen an einer E-Book-Messe im Rahmen des doch recht konservativen deutschen Buchmarkts, und inwiefern sind sie vor Ort vertreten?
Dadurch, dass sich im recht traditionellen deutschen Buchmarkt derzeit einiges ändert, ist ja gerade Berlin – mit zahlreichen englischsprachigen Zeitschriften, Verlagen und E-Book-Startups – ein interessanter Standort. Richard Nash wird aus den USA berichten, außerdem werden Verlegerinnen aus Frankreich, Argentinien, Kenia und dem Kosovo zu Wort kommen. Dieser internationale Aspekt und das große Interesse an der Teilnahme zeigen, dass der Buchmarkt weltweit in Aufbruchstimmung ist. Darüber hinaus kann man sich auf unterschiedliche Erfahrungsberichte freuen: Wer arbeitet mit InDesign, wer baut seine E-Books von Hand? Ist hierzulande gerade der Standard EPUB allgemein anerkannt, setzt man anderswo bereits wieder auf PDF. Der Austausch mit Argentinien wird besonders spannend, da auch dort schon zahlreiche E-Book-Verleger ein gemeinsames Messeprojekt initiiert haben.
Wo wollt ihr euch langfristig positionieren, und welche Rolle spielen dabei die Leserinnen und Leser?
Nach der morgigen Electric Book Fair werden wir sammeln: Was hat gut geklappt, was nicht? Was können wir als Team von E-Book-Verlegern leisten, was die klassischen Buchmessen nicht können? Mit der Frankfurter Buchmesse stehen wir zum Beispiel schon jetzt im Austausch, da ist das gegenseitige Interesse groß, und vielleicht wird es in Zukunft gemeinsame Veranstaltungen geben. Da wir Organisatoren selbst einen verlegerischen Schwerpunkt haben, ist uns für unsere Arbeit nicht zuletzt das Feedback des Publikums – der jetzigen und zukünftigen Leser – sehr wichtig. Wir werden von vielen zwar als Vorreiter gesehen, müssen uns paradoxerweise aber immer noch gegen den Vorwurf wehren, ästhetisch und gestalterisch hinterherzuhinken. Daran möchten wir rütteln!