Der Dschihadismus erklärt uns den Krieg, und indem er uns die Logik der militärischen Auseinandersetzung aufzwingt, feiert er bereits einen Triumph. Deshalb wäre es ignorant, zu leugnen, was längst schon Wirklichkeit ist. Es braucht für die Attacken der Attentäter, wie nun zu sehen war, gar keine Karikaturen und auch keine Propheten. Der Terror richtet sich nicht gegen den Imperialismus, nicht gegen Symbole der Macht, nicht gegen Insignien westlicher Vorherrschaft, nicht gegen Zentren des kolonialistischen Abendlands. Nein. Ziel war der Fußball. Opfer sollten die Sportfans werden. Der Hass gilt dem Spiel. Wer im Café sitzt, hat sein Recht auf Leben verwirkt. Wer ein Rockkonzert besucht, soll ermordet werden. Der Todfeind ist die Zivilgesellschaft. Die Ideologie hetzt gegen Juden, gegen Andersgläubige, gegen selbstbestimmte Frauen, gegen Homosexuelle, gegen den freien Menschen schlechthin.
Dieser Terrorismus begnügt sich nicht mit einzelnen Anschlägen. Er operiert nicht im luftleeren Raum. Er beansprucht Herrschaftsgebiete. Daesch bringt weite Landstriche in Syrien und im Irak, in Libyen und Nigeria unter seine Gewalt. Wo seine Banden wüten, ist niemand seines Daseins sicher. Der Terror ist nicht Mittel zum Zweck. Wir stehen einer Ideologie gegenüber, die seit Jahrzehnten offen predigt, was sie anstrebt: den Massenmord und den Weltenkrieg. Der Terror ist der eigentliche Sinn und der eigentliche Unsinn, um den es geht.
Nicht wenige nutzen den Kampf gegen Daesch, um just gegen jene mobil zu machen, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien fliehen. Sie wollen uns glauben machen, die Kinder, die dem Schlachten und den Wellen des Mittelmeers entronnen sind, seien Agenten des islamischen Fundamentalismus. Meint irgendwer denn wirklich, Daesch, eine Bewegung, die mit Öl und Kunstschätzen handelt, die über Devisen und schwere Waffen verfügt, könne keine anderen Wege finden, um Grenzen zu überwinden? Gelangten diese Verbrecher nicht schon vorher nach Madrid, London, Boston, Toulouse, Brüssel und, ja, nach Paris, um zu töten? Stammen sie nicht sogar großteils von dort? Die Dschihadisten hassen die Idee, ein Europa der Menschenrechte könnte den Muslimen ein besseres Zuhause bieten als ihr eigenes Reich.
Wo Daesch seine Schreckensherrschaft ausdehnt, muss diese verbrecherische Streitmacht auch militärisch niedergerungen werden. Statt pauschal gegen den Islam zu hetzen, gilt es, jene Regime zu ächten, die Daesch finanzierten, und jene Profiteure zu verfolgen, die ihn mit Waffen versorgen. Nur in Solidarität mit den Muslimen, die seine ersten Opfer sind, kann der islamische Fundamentalismus besiegt werden. Es gilt, die Freiheit zu verteidigen, sie auf keinen Fall preiszugegeben. Falsch wäre es, nun die Menschrechte einzuschränken. Im Gegenteil: Wir wehren uns, wenn wir sie weiterentwickeln. Nicht den »Kampf der Kulturen«, sondern den Kampf für Kultur schlechthin heißt es aufzunehmen. Es ist das Leben in Vielfalt und Demokratie, das die Dschihadisten zerstören wollen. Wir antworten auf ihre Angstmache und ihren Terror am Besten mit wehrhafter Demokratie, mit Lebenslust und Zivilcourage.