Wir alle kennen dieses Bild. René Magritte nannte es: La trahison des images. Der Verrat der Bilder. Das Gemälde entstand 1929. Die Pfeife, die jeder sehen kann, ist, so ist zu lesen, gar keine Pfeife. Die Aussage des Kunstwerks ist offenkundig: Die Abbildung entspricht nie dem Abgebildeten. Hinter der augenscheinlichen Aussage verbirgt sich eine weitere: Jede Realität ist eine Frage ihrer Interpretation.
Vom Bild lebt auch der Terrorismus. Der Selbstmordattentäter sucht den Sender, womit nicht unbedingt der elektronische Fernzünder gemeint ist, der die Explosion des Sprengsatzes auslöst, sondern vor allem das Medium, das von seiner Untat kündet. Der Terrorist ist ein Bild von einem Mörder. Sein Schlachtfeld ist die Öffentlichkeit. Das Terrain, das er besetzt, ist unsere Innenwelt. Sein Feind sind wir, das Publikum. Wir schießen zurück, und er erwartet unsere Feuersalven wie einen Schlussapplaus. Er sagt: »Ceci n’est pas un attentat.« Er leugnet, ein Terrorist zu sein. Der Dschihadist nennt sich Soldat Gottes und erklärt uns den Krieg.
Allein uns gezwungen zu haben, der Konfrontation nicht auszuweichen, ist bereits ein Triumph für ihn. So schicken westliche Staaten ihre Elitetruppen aus, lassen Flieger, Bomber und Drohnen aufsteigen, um die Streitmacht von Daesch zu treffen, doch nehmen sie das Wort nicht allzu gerne in den Mund, das bezeichnen würde, was längst nicht mehr zu leugnen ist. Von Krieg wollen manche Politiker nicht reden, denn sie möchten den Dschihadisten nicht zubilligen, zu einem veritablen Gegner aufgestiegen zu sein. Sie sagen Militäroperationen.
Daesch verfügt jedoch über ein Territorium. Dort herrscht Krieg. Manche in Europa beschwören diesen Krieg nur, um in seinem Schatten jene Freiheit einzuschränken, die zu verteidigen sie vorgeben. Zu Recht schreibt Isolde Charim: »… das Wort vom Krieg verdeckt, dass das Vorgehen gegen den Islamismus auch einer ganz anderen Art vom Kampf bedarf: jenen gegen den IS in den Köpfen.« Das ist zweifellos wahr. Die Dschihadisten müssen letztlich auch politisch überwunden werden. Wer die sozialen und geistigen Ursachen für den dschihadistischen Erfolg, ob in Molenbeek oder in Raqqa, nicht anspricht, soll vom Krieg schweigen.
Aber nicht vom Krieg zu reden, heißt, ihn gar nicht gewinnen zu müssen. Es bedeutet letztlich, Daesch in seinen Gebieten nicht besiegen zu wollen; nicht seine Öltransporte zu zerstören; nicht gegen seine Waffengeschäfte vorzugehen; nicht jene Quellen stillzulegen, aus denen sich Daesch speist. Wenn Daesch nicht geschlagen wird, werden weiterhin Unzählige terrorisiert, vertrieben, ermordet.
Die Lage ist ziemlich verwirrend: Das ist wohl kein Krieg in Frankreich, doch Frankreich ist schon im Krieg. Es herrscht Krieg in Syrien, zwischen Frankreich als Teil einer Allianz und Daesch, wobei aus Frankreich die meisten Attentäter stammen, die in Paris mordeten, weshalb Frankreich Bomben über Raqqa abwirft.
Wer den Krieg in Frankreich nicht will, muss ihn wohl in Syrien führen. Wer ihn überall gewinnen will, muss in Frankreich auf den Sieg von Demokratie und Menschenrechte setzen.