Vielleicht später ist sozusagen ein defensives Mañana. Ein thematisch offenes Blog in der Jetztzeit mit Fotos, ein Versuch, in der Gegenwart zu schreiben. Die Gegenwart ist Berlin. Die Wege und Wände meist die gleichen wie in Umsonst & draußen. Vieles ist anders. Leute kommen vorbei. Die Fussball-WM, die wie Weihnachten oder Geburtstag immer zu früh kommt. An den Wänden gibt es Zeichen. Oder auf dem Boden. Wie in jedem Tagebuch geht es darum, sich selbst und die Welt im Blick des Anderen zu ordnen. In der Gegenwart. »Kommst du?« – »Vielleicht später«.
G. hatte mir empfohlen, Calendula ins Bad zu geben. Das war noch im Dezember gewesen, auf dem Balkon hatte tatsächlich noch Calendula geblüht.
»Die Calendula, die Calendula.«
»Die Blüten der Calendula«, Russland 1998, 120 Minuten. 1999 Regie: Sergej Sneshkin
Ein paar Tage später.
Seit Anfang Dezember kommt das Eichhörnchen vorbei. Im Blumenkasten hat es sich ein Nest gebaut. Dass ich es David Bowie genannt habe, weiß es nicht. Anfangs aß es nur schnell die Sachen auf, die ich ihm hingelegt hatte, und verschwand dann in seinem Nest. Inzwischen sitzt es manchmal lange vor dem Nest und schaut unbewegt in die Gegend und mein Zimmer. Vermutlich findet es mich gar nicht so interessant, sondern hat nur Angst, dass ich es fresse, wenn es sich nun in sein Nest zurückziehen würde.
S. konnte sich noch daran erinnern, wie sie einmal gefragt hatte, ob der Satz auch auf chinesisch doppeldeutig wäre, nur die Antwort hatte sie vergessen.
Das Bett hatten wir mit dem Auto aus Schleswig-Holstein geholt. Weil die Wohnung klein ist und es komisch ist, allein auf einem Doppelbett zu schlafen, um Zeit zu gewinnen und mich auszuruhen, hatte ich die letzten Jahre darin geschlafen. Zum Bett gehörte ein Sprungfederrahmen mit metallenem Ösengeflecht. Als Kind war ich begeistert darauf herumgehopst. Später hatte mein Vater mehr als zwanzig Jahre darin geschlafen bis zu seinem Tod. Und in den Nächten war ich nun irgendwie mit meiner Kindheit und mit meinem Vater verbunden gewesen. Und dann hatte auf der Straße ein Lattenrost gestanden, der eigentlich zehn Zentimeter zu lang gewesen war; ich hatte ihn mitgenommen und kürzer gesägt.