Vielleicht später ist sozusagen ein defensives Mañana. Ein thematisch offenes Blog in der Jetztzeit mit Fotos, ein Versuch, in der Gegenwart zu schreiben. Die Gegenwart ist Berlin. Die Wege und Wände meist die gleichen wie in Umsonst & draußen. Vieles ist anders. Leute kommen vorbei. Die Fussball-WM, die wie Weihnachten oder Geburtstag immer zu früh kommt. An den Wänden gibt es Zeichen. Oder auf dem Boden. Wie in jedem Tagebuch geht es darum, sich selbst und die Welt im Blick des Anderen zu ordnen. In der Gegenwart. »Kommst du?« – »Vielleicht später«.
Die Tage gehen ihrer Wege. Angeblich soll bald Weihnachten sein. Das Wochenende ist schön; ich treffe ein paar Freunde, die ich zu lang nicht mehr gesehen habe, und lese Tumult, das neue Buch von Hans Magnus Enzensberger. 1980, als Teenager auf dem besetzten Platz in Vorleben, hatte ich die Kursbücher 1966-1970 gelesen, die damals gerade bei 2001 herausgekommen waren. Ich hatte das richtig studiert, weil ich so ein großer 68-Fan gewesen war, und es hatte sehr viel Spaß gemacht, sich das durchzulesen, auch wenn es komplizierter war als On the Road von Kerouac zum Beispiel oder Bernward Vesper, den ich auch sehr verehrte. Und später hatte ich mit unterschiedlichen Gedanken immer wieder mal Enzensberger gelesen.
Vielleicht auch, weil ich schon viel zu lange an einer Rezension des Buchs die Cannabis-GMBH von Rainer Schmidt gesessen hatte, das ich einerseits nicht wirklich gut fand, aber andererseits auch nicht verreißen wollte, gefiel mir Tumult super gut. So gebildet und gut geschrieben, und im Grunde ist es gleichzeitig auch so ähnlich wie On the Road von Kerouac, ständig ist der Held unterwegs und trifft interessante Leute.
Zwei Sätze notierte ich mir: »Wir, das war eine außerparlamentarische Minderheit, die nicht bloß aus ein paar tausend Studenten, aus moskautreuen Altkommunisten und aus irgendwelchen Hippies bestand.« (das »irgendwelche Hippies« war mir sympathisch) und »Keiner dieser Menschen scherte sich um die Politik. Das verlieh ihnen einen Schein von Freiheit, den es in Berlin nicht gab.«
Die Familieneinrichtung in der Nostitzstraße gefällt mir auch sehr gut. Wenn der Himmel klar ist, sieht die Einrichtung immer so sommerlich und südlich aus. Oft sitzen Männer in Rollstühlen davor und rauchen Zigaretten und trinken aus Flachmännern Schnaps, wollte ich gerade schreiben, aber jetzt weiß ich gar nicht, ob ich mir das mit dem Schnaps nicht doch ausgedacht habe. Weil ich mir ja immer vorstelle, es wären Punks oder umherschweifende Haschrebellen, irgendwelche Hippies von früher, die nun im Altersheim leben und schöne Tage haben.
E-Mail eines unbekannten Freundes:
»Ich
versuchte, Sie zu kontaktieren, den anderen Tag, aber nicht von dir
gehört,
zurück also dachte ich wieder krank versuchen ..
Ich verlor meinen Job vor 8 Monate, und ich suchte nach einem
Weg, um ein Leben auf meinem eigenen zu verdienen suchen –
das ist,
wenn ich plötzlich eine E-Mail von meinem Freund mit einem Artikel
über eine Software
dass verwaltet oben / unten Trades
automatisch und hat eine fast 90% Erfolg.
Ich war so
verzweifelt, so dass ich beschloss, es zu versuchen.«
Das verlassene Fahrrad fotografiere ich schon seit Jahren immer wieder.
Besonders gut gefallen mir diese ex-signalfarbenen Bonbons an den Speichen.