Vielleicht später ist sozusagen ein defensives Mañana. Ein thematisch offenes Blog in der Jetztzeit mit Fotos, ein Versuch, in der Gegenwart zu schreiben. Die Gegenwart ist Berlin. Die Wege und Wände meist die gleichen wie in Umsonst & draußen. Vieles ist anders. Leute kommen vorbei. Die Fussball-WM, die wie Weihnachten oder Geburtstag immer zu früh kommt. An den Wänden gibt es Zeichen. Oder auf dem Boden. Wie in jedem Tagebuch geht es darum, sich selbst und die Welt im Blick des Anderen zu ordnen. In der Gegenwart. »Kommst du?« – »Vielleicht später«.
Das Herbstliche. Plötzlich traurig am Nachmittag. Die Zeit fühlt sich anders an Ende Oktober, wenn es Richtung Winter geht, man eigentlich noch nicht heizen möchte, immer ein bisschen friert. Man fühlt sich anders, nimmt an den Dingen anders teil. Komischerweise zur Zeit eher mehr als in den Monaten, in denen die Fenster durchgehend auf waren und man sich drinnen immer auch draußen fühlte.
Nur ein bisschen genervt, dass ich einen Text um die Hälfte kürzen musste, was bedeutet: Man hat drei Stunden an einem Text geschrieben, für den man 80 € bekommen hätte. Dann kürzt man den Text im Powerstress runter, und wenn diese Arbeit getan ist, ist der Text nur noch 40 € wert. Oder: Plötzlich ist das Konto gesperrt; man kontrolliert die Auszüge und entdeckt, dass ein Auftraggeber drei Monate lang nichts überwiesen hatte. Einerseits schlimm; andererseits gut. Später Fußball, und Andreas meint, das ginge ihm nicht wie mir zwei-, dreimal im Jahr, sondern ständig so und vielen anderen freien Autoren auch.
Und eigentlich ist grad auch alles eher super.
Nach dem Training sitz ich zu Hause und gucke mir noch einmal meine guten Szenen in der Erinnerung an. Die abgewehrten Schüsse und Flanken und wie es sich angefühlt hatte, harte Schüsse mit links abzublocken, die gewonnenen Zweikämpfe, die zwei Aussetzer. Ich grinse, während ich mir diese Aufzeichnungen anschaue, weil die Kollegen der Autorennationalmannschaft viel jünger und besser sind.
Die meisten jedenfalls, hehe.
Gestärkt vom Sport, konzentriert und entspannt, sitze ich dann noch am Schreibtisch. Das ist tatsächlich meine Lieblingsbeschäftigung. Montagabend nach dem Training zu schreiben. Zwei Stunden lang steigt die Laune kontinuierlich; danach ist man zu dicht und verliert sich in Nebenaspekten und geht schließlich in’s Bett. (Ich schreibe aber an dem anderen Schreibtisch.)
In dieser Zeit, wenn sich die letzten warmen Herbsttage zu verabschieden scheinen, schmeckt der Kaffee aber auch unglaublich gut. Immer wieder wundert es mich, wie unterschiedlich Kaffee wirkt. An manchen Tagen kann ich drei Kannen Espresso trinken und fühl mich okay, an anderen Tagen (wenn ich z.B. einen Text, wie oben erwähnt, sozusagen in selbstschädigender Weise runterstürzen musste) wird mir von drei Kannen schlecht.
Sonntag. Um acht Uhr aufstehen. Noch ein bisschen was essen, rumsitzen, lesen, schreiben. Dann an der Klingelanlage von H. Erst wollte ich mich an der Sprechanlage als »alles Müller« vorstellen, dann entschied ich mich doch für ein schlichtes »Guten Tag, ich bin Jan Stöß und würde mich gerne mit Ihnen über Politik unterhalten«, H. kicherte, und während ich nach oben ging, dachte ich an die Jahre, in denen ich an der Sprechanlage gefragt hatte, ob eventuell jemand Lust hätte, mit mir über Gott zu sprechen oder die Jahre, als ich mich immer als »Joachim Gauck«, nein »Jauch« vorgestellt hatte, weil ein Mieter auf den Klingelschildern genauso hieß. Knausbart wäre vielleicht auch eine Option.
Sehr gut gelaunt fuhren wir nach Mellensee, C. erzählte auf der Fahrt, wie er neulich am Obst- und Gemüsestand Wurzeln gekauft hatte. Die Wurzeln seien ganz groß gewesen, und die vielleicht 60jährige Verkäuferin habe sie in einem recht trockenen Ton »Witwentröster« genannt. Und darüber mussten wir nun ein paar Stunden lachen.
Und: in Mellensee schmeckt dieser Kaffee mit gesüßter Kondensmilch ganz besonders super!
So jungsmäßig spielten wir Backgammon; in unserem Rücken klapperte manchmal Geschirr. Die Spiele waren sehr gut, ereignisreich, fies. C. würfelte fantastisch, im Hintergrund hörte man den ganzen Nachmittag die Rufe vom sonntäglichen Fußballplatz. Sechs Stunden lang. Wahrscheinlich spielten erst die unterschiedlichen Jugendmannschaften, dann die Herren, dann die Altherren.
Idyllische Idyllen.
»Und die Geräusche sind ja hier auch ganz anders.«
Die postkartenhaften Motive am Abend, als wir über Marienfelde, dann Tempelhof wieder in die Stadt hineinfuhren. Wir waren Landstraßen gefahren, die so fehlerlos ausgebaut waren, auf denen es sich so glatt fuhr wie sonst nur auf der Playstation, in Autorennspielen.
Happy Buddha.
Hongkong Garten. Später auch das »rice & more«.
Nächstes Mal möchte ich aber lieber vorne sitzen!
My Asia.
Und Eisdielen gefallen mir fast durchgehend gut.