Vielleicht später ist sozusagen ein defensives Mañana. Ein thematisch offenes Blog in der Jetztzeit mit Fotos, ein Versuch, in der Gegenwart zu schreiben. Die Gegenwart ist Berlin. Die Wege und Wände meist die gleichen wie in Umsonst & draußen. Vieles ist anders. Leute kommen vorbei. Die Fussball-WM, die wie Weihnachten oder Geburtstag immer zu früh kommt. An den Wänden gibt es Zeichen. Oder auf dem Boden. Wie in jedem Tagebuch geht es darum, sich selbst und die Welt im Blick des Anderen zu ordnen. In der Gegenwart. »Kommst du?« – »Vielleicht später«.
Als ich sagte, ich hätte mit sechs angefangen zu rauchen, musste er auch lachen. Er stützte sein Kinn mit der Hand, während er überlegte. Dann kam ihm eine Idee. »Können Sie sich mal die Schuhe ausziehen.« Dann tastete er meine Knöchel ab. Später gab er mir einen Überweisungsschein mit dem Auftrag: »Ausschluss pAVK per Dopplersonographie.«
Durchblutungsstörungen hatte ich auch oft gedacht. Auch wenn die Symptome nicht peripher, sondern zentral lagen. Der Arzt hatte gesagt, ich solle mich nicht zurückziehen und so leben wie zuvor. Das wäre wohl keine so gute Idee.
Nach dem Arztbesuch war ich tatsächlich leicht euphorisch und machte lange Spaziergänge. Es tat weh, aber da muss man durch. Wehtun ist nicht das richtige Wort. Es waren eher Vorgänge. Ich stellte mir verstopfte Blutbahnen und Gewebefetzen mit Bildern vor, die ich aus Film- und Fernsehen kannte. Und hatte beim Sitzen das Gefühl, ein altes Sofa zu sein und auf kaputten Sprungfedern zu sitzen, die in der Gegend dieser Beckenknochen angebracht sind, aber dann auch wieder ständig verrutschen. Es war unangenehm, man konnte so auch nicht lange sitzen, aber richtig weh tat es nicht.
Später las ich als Tipp für Patienten, man solle bloß nicht in den Schmerz hineinlaufen, sondern sich sozusagen da rantasten und lange Pausen machen beim Gehen. Die abgebildeten Patienten sahen fröhlich aus und waren über 70 oder 80.
Ich musste lachen, ständig stolpere ich über Pointen. Manche sind aber auch nur halbecht – C. hatte mir nicht, wie ich zuerst gedacht hatte, ihren Hausarzt empfohlen, sondern einen anderen, den sie mal ersatzweise besucht hatte, weil ihr Hausarzt grad krank gewesen war und sie gedacht hatte, dass er zu mir passen würde.
Meine Symptome hatten mich in ihrem Griff. Und schoben alles in den Hintergrund.
Früher hatte ich meine Zeit aber auch nicht so viel sinnvoller verbracht.