Vielleicht später ist sozusagen ein defensives Mañana. Ein thematisch offenes Blog in der Jetztzeit mit Fotos, ein Versuch, in der Gegenwart zu schreiben. Die Gegenwart ist Berlin. Die Wege und Wände meist die gleichen wie in Umsonst & draußen. Vieles ist anders. Leute kommen vorbei. Die Fussball-WM, die wie Weihnachten oder Geburtstag immer zu früh kommt. An den Wänden gibt es Zeichen. Oder auf dem Boden. Wie in jedem Tagebuch geht es darum, sich selbst und die Welt im Blick des Anderen zu ordnen. In der Gegenwart. »Kommst du?« – »Vielleicht später«.
Auf dem Weg zum Billard. Ich trottelte neben O. her. Er kannte Wege, von denen ich keine Ahnung hatte. Alles sah super aus zwischen Hermannplatz und Treptow.
So schlichen wir durch die Innenstadt und begegneten kaum Menschen.
Wenn ich gefragt hätte, hätte er bestimmt gesagt, »du fotografierst mich nicht«, aber ich hatte nicht gefragt.
Lang lebe 1973!
Fußball gucken, Sonntagmittag. Eintracht/Südring, die Älteren, also die Mannschaft, bei der man erst ab 32 mitspielen darf. Der älteste Spieler ist 47, erklärte M. Unser Lieblingsspieler, Dogge, war schlecht gelaunt, weil er nicht in der Startelf stand und das Spiel hoch verloren wurde. Mehr als zehn Zuschauer waren wir nicht. Vielleicht auch zwanzig. Jedenfalls so viele, dass man einander einzeln begrüßte und sich die Hand gab zum Abschied.
M. hatte eine Plastiktüte mit Bier mitgebracht und rief oft Sachen wie »Hau ihn um« oder – als gebürtiger Hesse – »Der muss falle!« C., den viele für den besten Flipper-Spieler Kreuzbergs halten, kiffte; ein dünner, subproletarischer 60-Jähriger sozusagen, war auch dabei. Ich dachte daran, wie wir als Teenager sonntags immer zu Eintracht Segeberg gegangen sind und später, in Berlin, dann zum FC Internationale.
Eine Weile gingen wir noch spazieren. Ich sagte, »du gehst so komisch«. Er sagte, er hätte nun einen diabetischen Fuß. Probleme beim Aufstehen schon, beim Treppensteigen sowieso; einem Verwandten wären deshalb die Zehen abgeschnitten worden. Auch weil er das alles so furchtbar fand, trank er weiter, und weil ich keine Lust hatte, mit ihm zu trinken, ging ich wieder.
So ist die Welt.
Jemand übte schöne Schriftzüge in der Zossener Straße.
Erst jetzt, wo ich’s sehe, fällt mir ein, dass das Leibchen dort schon seit vier Wochen hängt.