Vielleicht später ist sozusagen ein defensives Mañana. Ein thematisch offenes Blog in der Jetztzeit mit Fotos, ein Versuch, in der Gegenwart zu schreiben. Die Gegenwart ist Berlin. Die Wege und Wände meist die gleichen wie in Umsonst & draußen. Vieles ist anders. Leute kommen vorbei. Die Fussball-WM, die wie Weihnachten oder Geburtstag immer zu früh kommt. An den Wänden gibt es Zeichen. Oder auf dem Boden. Wie in jedem Tagebuch geht es darum, sich selbst und die Welt im Blick des Anderen zu ordnen. In der Gegenwart. »Kommst du?« – »Vielleicht später«.
Das Sommerfest im LCB. Ein Termin, der das Jahr ordnet: mit dem Sommerfest des LCB beginnt das Ende des Sommers. Immer auch so idyllisch irgendwie, was sich nur schwer vermeiden lässt, wenn das Wetter schön ist. Ich stand bei der Rotunde am Wasser; jemand tippte mich an und sagte »Ich bin’s«. Es war Stijepo, mein lieber Facebookfreund. Ich hatte ihn sofort erkannt.
Ich stand mit den beiden Redakteuren herum. Wir sprachen über Karl Ove Knausgård und Michael Rutschky. Leben, Träumen und Mitgeschrieben hatte ich in den letzten Wochen gelesen. Unterschiedliche Schattierungen der Ich-Literatur. Alles hatte mir gut gefallen. Dieser zugleich spröde und leicht depressive Unterton in Rutschkys Aufzeichnungen aus den frühen 80er Jahren. Das Filmmäßige an Knausgård. Es war schön, Katharina Rutschky beim Lesen wiederzubegegnen. Sie hatte so einen super angenehmen Humor. Ich meinte, ihre Stimme noch einmal zu hören. Und dachte an Nickel, den Hund. Und die Nackten, die in den 80ern den Englischen Garten bevölkerten. Und konnte mir alles gut vorstellen, es war wie ein Film von Alexander Kluge, umso mehr, als ich die meisten der im Tagebuch auftretenden Personen ja kenne und schätze und ihre Stimmen im Ohr habe.
Martin Sonneborn, der Europaabgeordnete, schaut Oliver Maria Schmitt beim Vorlesen zu. Später stand er mindestens drei Stunden an der gleichen Stelle. W. und ich redeten weiter über Knausgård; ich sagte, die Schweden-Passagen in Lieben hätten mir eigentlich am besten gefallen, und unter dem Siegel der Verschwiegenheit verriet mir W., was in K.’s zweiseitigem Text über Knausgårds neues Buch stehen wird. Und sagte noch irgendetwas wie, hier sei wohl das saturierte, alte West-Berlin versammelt.
Mir kam das gar nicht so vor. Ich fand es schön, dass alle Altersklassen vertreten waren. Dann fiel mir ein, dass ich es ganz ähnlich wahrgenommen hatte, als ich Mitte der 80er Jahre zum ersten Mal hier gewesen war.
Meine Kamera kann auch Wolken.
Diese Texte können immer auch ganz anders aussehen.
Wir trinken Weizenbier im Licht des Vollmonds und unterhalten uns zum Beispiel darüber, dass asiatische Leute schneller betrunken werden als Leute aus dem Westen. S. sagt, das gelte für Mongolen aber nicht. Ich bin mir nicht ganz sicher.