Vielleicht später ist sozusagen ein defensives Mañana. Ein thematisch offenes Blog in der Jetztzeit mit Fotos, ein Versuch, in der Gegenwart zu schreiben. Die Gegenwart ist Berlin. Die Wege und Wände meist die gleichen wie in Umsonst & draußen. Vieles ist anders. Leute kommen vorbei. Die Fussball-WM, die wie Weihnachten oder Geburtstag immer zu früh kommt. An den Wänden gibt es Zeichen. Oder auf dem Boden. Wie in jedem Tagebuch geht es darum, sich selbst und die Welt im Blick des Anderen zu ordnen. In der Gegenwart. »Kommst du?« – »Vielleicht später«.
Ein paar Tage war es kalt gewesen. Und als das winterorientierte Textchen erschien, war es schon wieder warm. Zum Glück war wenigstens der Kanal noch gefroren. 2015 war endlich erledigt. Inzwischen war ich nur noch ein halbes Jahr von der Gegenwart entfernt. Das Finanzamt bemühte sich, mich wieder in die Jetztzeit zu holen.
»Wie soll das gehen?«
Die Frau vom Finanzamt war nett und wirkte auch ein bisschen hilflos. Schließlich einigten wir uns darauf, dass ich innerhalb von zwei Wochen eine Anzahlung überweisen würde. Eigentlich habe ich nur positive Erfahrungen mit den Ämtern gemacht.
Landwehrkanal, 26.1.2016.
Ich sollte den einen Text in Rechnung stellen, den ich bis jetzt nicht in Rechnung gestellt hatte, weil er mir dann doch nicht so gut gefallen hatte. Die Höhe des Honorars hatten wir gar nicht ausgemacht.
Dann war es doch schon ein wenig spät; ich hatte es nicht geschafft, mir noch ein bisschen Geld zu leihen und war erleichtert, dass das Konto noch nicht gesperrt war, dass ich zumindest die Hinfahrkarte nach Marl hatte. Ich versteckte ein paar Walnüsse auf dem Balkon und fuhr los. Zwischen Hamm und Münster Erfurter Nazifußballfans. Polizei. Regen. In Marl eine antirassistische Demo.
Marl.
Das Grimme-Institut überwies sofort, und in zwei Tagen war das Konto wieder frei und lustig.
Marl – Stadt der Skulpturen.
She looked like Rina.
Parkhotel Montana.
Parken verboten.
Creiler Platz.
Zwei von neun rauchten in den Sichtungspausen. Im Institut durfte man nicht rauchen. Vor dem Institut der Behelfsaschenbecher. Gleich hinter der Tür der richtige Aschenbecher. Wenig rauchen – großer Spaß!
Komisch, die ganze Zeit woanders und im Gespräch zu sein. Es gab sehr schöne Filme und dann das Reden darüber und Vollpension, so viel Essen und Trinken wie man will, wenig rauchen, jeden Morgen wecken dich quakende Enten, dann Frühstück, zur Arbeit und nach getaner Arbeit am Abend zurück ins Hotel … und dazwischen Skulpturen … ein bisschen so wie die Uni am Anfang, man ist neu, die anderen teils richtig brilliant, man lernt sich kurz kennen … normalerweise spricht man ja eher selten mehr als drei zusammenhängende Sätze über Filme, sondern guckt und schreibt.
Ich hatte vor dem Fenster geraucht, mich zum Runterkommen aufs Hotelbett gelegt. Dann war es wieder später, und ich war noch einmal in die Bar gegangen.
Fritz Wolf, unser Jurypräsident, hatte gesagt, die Tage in Marl wären wie eine Blase, eine Klausur, darüber hatten wir gesprochen, und ich hatte erzählt, wie toll ich es gefunden hatte. Und er hatte gesagt, auf der Rückfahrt würde er es unerträglich finden, mit anderen Menschen zu sprechen.
Und nach der Abschlussdiskussion und -abstimmung hat man einige Wehmutsgefühle, die allerdings dadurch abgemildert werden, dass man plötzlich in Panik gerät, beim Versuch, das richtige Rückfahrtticket mit dem gewünschten Weg zu kaufen.
Nachdem man sich als Schalke-Anhänger zu erkennen gegeben hatte, erzählte der Taxifahrer den bekannten Witz von dem sterbenden Schalke-Fan, den kann man ja auch nicht jedem erzählen, und die Graffitilandschaft um Wanne-Eickel, wenig später, ist auch recht schön.
Jury Information und Kultur, v.l.n.r.:
Anne Burgmer, Kölner Stadtanzeiger
Heike Heinrich, VHS Magdeburg
Katrin Schuster, Freie Journalistin, München (stellv. Vorsitzende)
Fritz Wolf, Medienbüro, Düsseldorf (Vorsitzender)
Martin Calsow, Freier Journalist und Schriftsteller, Bad Wiessee (stellv. Vorsitzender)
Navina Sundaram, Freie Journalistin, Hamburg
Dr. Alexander Kissler, Cicero, Berlin
Detlef Kuhlbrodt, Schriftsteller, Berlin
Lars von der Gönna, WAZ, Essen
PS: RIP Paul Kantner:
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