Auf den Fahrten, im Bus meist, hatte ich Kazuo Ishiguro gelesen und Oskar Negt über 1968 und Mio, mein Mio, und Andrea Hanna Hünnigers Das Paradies und Arundhati Roys Der Gott der kleinen Dinge, das im Ex-Zimmer meiner Nichte gelegen hatte.
Ab und an ging ich zum Arzt, die letzte Diagnose hatte mir irgendwie gefallen: »Irritative Veränderungen.«
Und als meine Mutter im März starb, war das Wetter dramatisch gewesen, mit Windgeheule und aufgerissenen Wolken vor der untergehenden Sonne. Ich hatte gesagt, ich geh schnell noch eine rauchen, und sie hatte gewartet, so war es uns vorgekommen, bis ich wieder da gewesen war.
Drei Tage zuvor, als das Bett schon ans Fenster geschoben worden war und die Salzkristalllampe auf dem »Rollwagen Sterbebegleitung« gestanden hatte und im CD-Player eine Eso-CD lief, hatte ich sie gefragt, »darf ich ein Foto machen« und sie hatte fröhlich geantwortet, »aber natürlich«.
Sie erzählte so viel, aber ich verstand kaum die Hälfte. Als wäre ihre Sprache wie dieser mehrfach verschlüsselte Stenographiecode, den sie manchmal verwendet hatte. Einmal sagte sie »Elvira«, als wenn sie sich vorstellen wollte.
Sie starb am selben Tag wie Michael Rutschky, den ich seit Ende der 1980er Jahre kannte, und Kommissar Palu (Jochen Senf), dem saarländischen Tatort-Kommissar, auf den ich durch meine Schwester gekommen war.
Die Aussegnung im Heim. Frühlingsblumen; Wolli, das Schaf, wie schön die Pflegerinnen gesungen hatten und die Pastorin mit den Tränen kämpfte. Und wie wir da standen, in dem Zimmer.
Das Bestattungsinstitut, ein Familienbetrieb, wie in Six Feet Under.
Morgenlicht leuchtet, das als Morning Has Broken bekannter ist.
Und wie wir nach dem langen Gespräch mit der Pastorin noch am Auto standen; ich hatte nicht gemerkt, dass die Pastorin hinter mir stand, als ich irgendetwas Abfälliges über Cat Stevens gesagt hatte und meine Schwester mir auf den Fuß treten wollte.
Blumen und Tiere.
Halleluja mit Harfe.
Morgenlicht leuchtet.
Weißt du wie viel Sternlein stehen.
Der Mond ist aufgegangen.
Ich bade und lasse das Badewasser in der Wanne. Das Grün passt gut zum Grau. Die Badesprudeltablette heißt Wald und Wiesen. Nun riecht es auch im Flur nach Wald und Wiesen, enorm! Ein paar Tage wasche ich mich nur mit dem Wasser aus der Wanne und finde es praktisch.
Das Badewasser drin zu lassen, hatte auch etwas Luxuriöses. Oder Sachen in der Wanne zu waschen, als wäre man noch Student und würde tagaus, tagein Foucault lesen. …