Vielleicht später ist sozusagen ein defensives Mañana. Ein thematisch offenes Blog in der Jetztzeit mit Fotos, ein Versuch, in der Gegenwart zu schreiben. Die Gegenwart ist Berlin. Die Wege und Wände meist die gleichen wie in Umsonst & draußen. Vieles ist anders. Leute kommen vorbei. Die Fußball-WM, die wie Weihnachten oder Geburtstag immer zu früh kommt. An den Wänden gibt es Zeichen. Oder auf dem Boden. Wie in jedem Tagebuch geht es darum, sich selbst und die Welt im Blick des Anderen zu ordnen. In der Gegenwart. »Kommst du?« – »Vielleicht später«.
Die Zeit geht vorbei. Schon wieder Geburtstag, schon wieder singen, schon wieder Weihnachten, schon wieder Sonntag, schon wieder Ostern, schon wieder Donnerstag, schon wieder Montag, schon wieder Dienstag.
Ich hatte die Adresse vergessen und wusste nicht mehr, an wen ich eigentlich schreiben wollte. Das »ich« durch »man« zu ersetzen, war auf die Dauer auch keine Lösung, auch wenn es tatsächlich oft besser klingt. Manchmal antworteten Leser, die die Texte anders verstanden, als ich sie gemeint hatte:
»Als ich Ihren Kommentar am 22.12. auf der Seite 9 las, sträubten sich mir alle Haare. Ich halte Sie für einen humanistisch gebildeten Menschen und habe mich sehr gewundert, wie weit Sie sich verbiegen um politisch »Korreksprech« anzuwenden. Ihre Form StudentInnen spottet ja jedem Gebrauch der deutschen Sprache.«
Ich antwortete:
»Vielleicht sind Sie zu jung, um die Geschichte des Binnen-I zu kennen. Als es im Westen Anfang der 80er Jahre gebräuchlich wurde, gab es den Begriff der politischen Korrektheit noch gar nicht. Eigentlich war das Binnen-I auch eher ein Mauerblümchen und wurde nur in Zeitungen wie der »taz« etwa verwendet, wo es aber ausgesprochen umstritten war und längst als altbacken gilt.
(…)
Ich selber benutze es nur selten, ein bisschen ironisch, ein bisschen nostalgisch, wie andere Worte, die nur selten verwandt werden, etwa »urst«, »schau« oder »schnafte«.
Er freute sich über meine Antwort und schrieb dann, er sei 72. Ich überlegte, ob wir uns befreunden sollten, ließ es dann aber doch und stand weiter als Griesgram die meiste Zeit am Fenster und hörte dem komischen Glucksen in meinem Magen zu. Eigentlich interessiert es mich, was da so los ist, bin aber zu faul, zum Arzt zu gehen. Oder eher zu trotzig. Oder hoffe noch auf die Selbstreperaturprogramme meines Körpers. Ab und zu fahren Polizei- oder Krankenwagen vorbei. Es wär nett, wenn die Zeit eine Weile stehen bliebe oder doch zumindest langsamer ginge am Nachmittag.
Und die Vögel sehen viel zu seriös aus dieser Tage.
Der Gottesdienst in der großen Kirche war sehr angenehm, beruhigend, tatsächlich erfrischend. Ein Teil von mir kam sich wie ein Betrüger vor, ein andrer dachte an die Zeit, als ich mit 14 oder 15 alle Feiertage in der alten Marienkirche aus dem 12ten Jahrhundert gesessen hatte. Die kleine Gemeinde war mir sehr sympathisch. Ich fühlte mich tatsächlich erfrischt, als ich aus der Kirche wieder in den sonnigen Sonntag ging. Die einzigen regelmäßigen Kirchgänger, die ich kenne, kommen aus Asien.
Der Sonntag »Oculi« hieß. Ich dachte an den großartigen Film »Love Exposure« von Sono Sion, dessen katholischer Held …. ach; es ist zu kompliziert, das zu erklären. Hier und da ist vielleicht erhellend. An einer der zentralen Stellen des 4-Stunden-Werkes, dass 2009 auf der Berlinale mit dem Caligari-Preis ausgezeichnet worden war, zitiert Yoko, die zuvor tagelang von Yu gefangen gehalten wurde, weil sie sich der Zero-Sekte angeschlossen hatte, das 13. Kapitel des 1. Korintherbriefs. Eine meiner Lieblingsszenen der Filmgeschichte:
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Das Eichhörnchen beruhigte mich.
Manchmal versuchte es, mich zum Lachen zu bringen.
Manchmal guckte es, was beim Nachbarn so los ist.
Touching.
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