Umsonst & draußen ist ein Fototagebuch, das wie das gleichnamige Buch Anfang 2006 beginnt. Das Material stammt größtenteils aus dem Blog november07, den Detlef Kuhlbrodt ab Ende 2006 und bis Herbst 2013 für die taz gemacht und für das Logbuch noch einmal durchgesehen, an einigen Stellen gekürzt und an anderen erweitert hat, um das Erzählerische zu betonen. Eigentlich ist Umsonst & draußen eher Fotogeschichte als Tagebuch; die Aufnahmen sind die Umgebung einer nicht erzählten Geschichte. Kuhlbrodt ist losgegangen auf der Suche nach Bildern, die irgendwie zueinanderpassen und dem Tag ein Gesicht geben. Manchmal sind die Helden Fahrräder, manchmal Autos, manchmal gibt es auch Menschen.
Sonntag, 02.03.08
Zossenerstraße, Kreuzberg. Das Fahrrad wartet schon seit Monaten auf seinen Besitzer, der es dort ausgesetzt hat.
Mittwoch, 05.03.08
Vorbereitung auf das Achtelfinalrückspiel gegen Porto. Wir aßen Schalke-Bonbons und vor dem Anpfiff blies ich auch noch Rauch über die Spieler. Manuel Neuer hatte der Rauch offenbar sehr gut getan; der Rest ist Geschichte: Schalke schockt, Neuer rockt. (Gesamt: 1:1, 2:4 n.E.)
Freitag, 07.03.08
Unser schönes Haus.
Unser schöner Propeller.
Unser schönes Flugzeug.
Sonntag, 09.03.08
Auf dem Weg zum Badminton erzählte G., sein Mobiltelefon hätte ihm eine SMS geschickt, in der stand, dass er sich ab sofort bis zum Ende der Saison Bundesligaspiele live und umsonst mit seinem Handy angucken könne. Wir probierten das sofort aus, obgleich U. vor versteckten Nebenkosten warnte. (Leverkusen – Hanover 2:0). Die Bilder sahen so aus, wie die LIVE-Bilder der ersten Big-Brother-Staffel, die man sich damals 24 Stunden lang live im Internet angucken konnte. (genaugenommen 23 Stunden; irgendein Gerichtsbeschluss hatte damals für eine unbeobachtete Stunde gesorgt)
Der schöne Raucherpavillon vor dem Jumps roch nach kaltem Rauch. Den Hornbachkalender, der hier zwei oder drei Wochen hing, war nicht mehr da. Wir rauchten vor dem kleinen Häuschen.
Man sollte rauchfressende Pflanzen da hineinstellen, sich lüftungstechnisch was ausdenken – für einen kleinen Moment wäre ich gerne der Rauchhäuschenbeauftragte von Jumps gewesen.
Jeder schien an diesem Sonntag »Tatort« zu gucken, mit irgendwem zum »Tatort«-Gucken verabredet zu sein.
An vielen Orten gibt es »Tatort«-Public-Viewing. Das größte Public Viewing fand im Franz-Klub statt.
Der »Tatort« mit dem neuen Stuttgarter Kommissar Thorsten Lannert (gespielt von Richy Müller) und seinem Kollegen Sebastian Bootz (Felix Klare) war ziemlich gut. Die Andeutung eines schwulen Kommissars war super; die Szene, wo das Ermittlerpärchen ein schwules Pärchen mimte, das sich ein Kind bei der Adoptionsvermittlung vermitteln lassen wollte und der eine Kommissar dem anderern Kommissar dann dauernd ans Knie fasste und die Hand tätschelte, auch um seinen Kollegen zu ärgern.
Man merkte diesem Tatort an, dass er Zeichen setzen wollte; er tat das auf eine unangestrengte Art. Sehr sorgfältig, mit Sinn für Hintergrunddetails, eindrücklichen Nebendarstellergesichtern, schön auch, dass einer der Ermittler den schönen, neuen, schnellen Wagen (der Staatsanwältin glaube ich) bei einer Verfolgungsjagd zu Schrott fuhr. Und dass es bei einer Verfolgungsjagd in einem leerstehenden Fabrikgebäude, Splitscreens und Jumpcuts gab.
I won some backgammon games.
We did some sports.
We had a good laugh in the afternoon.
We had dinner.
We talked.
We watched tele.
Montag, 10.03.08
Dienstag, 11.03.08
Hinterhaus im Prenzlauer Berg. Zuvor hatten wir sehr nett zussammen gesessen, diskutiert, überlegt, Sternburg getrunken und entschieden, dass wir das nächste Mal in drei Wochen über 68 sprechen würden.
Tagszuvor war ein richtiges Unwetter angekündigt worden.
Es dauerte nur zehn Minuten.
Ich stand neben dem Haus, in dem früher das libanesische Restaurant »Beirut« war. Mittenwalder/ Ecke Gneisenaustraße. Das Haus ist nun leer. Eine skandinavische Investorengruppe will hier ein Hotel einrichten, hatte Höge erzählt.
Grad hatte ich, nicht mal verärgert, meinen Arcor-Anschluss gekündigt. Mit Einschreiben hoch zwei. Die KSK, die mich ihrerseits gekündigt hatte wegen Nichtmelden, kriegte nur ein Einschreiben, weil die nett sind und das bestimmt verstehen werden.
Beim Fußball später war die Luft super. Dem neuen Spieler, der richtig gut war, erklärten wir: Wer sagt, er sei gefoult worden, hat immer recht. So spielen wir halt und er verstand das dann auch
»Er braucht nun einen guten Text für seine Mannschaft, um sie wieder aufzubauen.« (UEFA-Cup, HSV-Leverkusen (0:1) 3:2. Den gute Text fand Huub Stevens bestimmt. Am Ende einer tollen zweiten Halbzeit hieß es aber trotzdem 3:2 und der HSV war draußen.
Rattenköderwarnung vor dem Finanzamt Kreuzberg.
Mittwoch, 12.03.08
Eine von der Künstlersozialkasse Wilhelmshaven gegen meine Person angestrengte Vollstreckungsmassnahme hatte vorgelegen.
Die Sonne schien.
Donnerstag, 13.03.08
Voller Panik war ich zur taz gerannt, hatte überall gerufen: »ich krieg zu wenig Geld« und dass das ja schon seit Jahren so gehe und überhaupt nicht richtig sei.
Ein bisschen peinlich hatte ich mich wohl schon aufgeführt. Das Büro hatte mir aber gleich geholfen. Und mit dem Geldscheinbündel war ich dann zum Mehringdamm gefahren, ganz automatisch, weil ich hier schon mal vor paar Jahren zur Vollstreckung hatte antanzen müssen.
Es war aber der falsche Ort: ich hatte ja eigentlich zum Hauptzollamt gemusst, diesem komischen, riesigen Nazibau, der hundert Meter weiter oben am Mehringdamm neben dem Tempelhof-Flughafen herumsteht.
Das riesige Gebäude schien fast so groß zu sein, wie der Palast von Ceauscescu und beherbergte viele seltsame Behörden. Zum Beispiel das Wasser- und Schifffahrtsamt.
Eine Weile suchte ich nach dem Eingang Mehringdamm 129c, der nur von der Schwiebuser Straße aus zu erreichen war.
Der Eindruck war vor allem grau-braun und seltsam 60ies. Die Mitarbeiter sahen so ähnlich aus. Die meisten waren wohl um die fünfzig und zuvorkommend. Die Männer trugen wie ich einen Parka. Ich vergaß aber zu fragen, wieso das Zollamt mit der Vollstreckung meiner Schulden bei der KSK beauftragt war.
Es gab viel Patina an den Wänden, die zuletzt vor dreissig oder vierzig Jahren gestrichen worden waren. Dass alles an Früher erinnerte, passte gut, denn hier ging es ja um Schulden.
Ich fühlte mich wohl. Wie ich mich immer sofort wohl und aufgehoben in Behörden gefühlt hatte. Bei der KFZ-Meldestelle. Im Meldeamt. Im Finanzamt. Im Krankenhaus. Das war mir alles sofort vertraut. Meine Affinität zu Behörden kam sicher daher, dass meine Mutter in der Kreisverwaltung als Phonotypistin gearbeitet hatte. Sie hatte immer mit behördlichen Texten besprochene Platten abgetippt. Und ich war nach der Schule oft ins Kreishaus gekommen, um den Hausschlüssel abzuholen.
Den Phontypistinnenberuf gibt es schon lang nicht mehr.
Vertraut und angenehm wehmütig fühlte ich mich im Hauptzollamt, scherzte mit Mitarbeiterinnen, bezahlte die Schulden und kaufte mir danach – in einem kleinen, seltsamen Lampengroßhandelsgeschäft in der Möckernstraße – eine neue Schreibtischlanpe.
Es war drei Uhr morgens. Wir hatten draußen in der Kollwitzstraße gestanden. Der Abend bei den Freunden war sehr schön gewesen. A. hatte mich ganz besorgt angeguckt und gefragt, wie’s mir denn ginge. Die Geschichte mit der KSK und der Vollstreckungsgeschichte, hätte ja alarmierend geklungen. – Ist alles nicht so schlimm, hatte ich gesagt und alles noch einmal erläutert: dass die KSK auf mich böse gewesen war, weil ich mich anderthalb Jahre nicht gemeldet hatte, dass ich mich anderthalb Jahre nicht gemeldet hatte, weil ich von der KSK ja auch nichts gehört hatte und dass ich von der KSK nichts gehört hatte, weil meine Anschrift nicht mehr gestimmt hatte. Und meine Anschrift hatte nicht mehr gestimmt, weil mein Briefkasten von dem einen in den anderen Hauseingang gezogen war. Und dann hatte es Schulden gegeben, weil irgendwann, als die Krankenkassengebühr abgezogen werden sollte, mein Konto gerade gesperrt gewesen war. Und im Büro der taz hatte man mir die Geldscheinbündel gegeben, die ich vergessen hatte, in Rechnung zu stellen.
Der Wolpertinger von Isabella Ott heisst »Golden Boy«.
Barbara Breitenfellner
We should have occupied every place
Isabel Ott
Pornopinball & Wolperdinger
Do., 13. 3.. , 19 Uhr Eröffnung
Fr., 14.+ Sa., 15.3., 20-23 Uhr Halbstarkenflippern
So. 16.3., 14-17 Uhr Teenieflippern
WestGermany
Skalitzerstr. 133 – Berlin
Die Ausstellung im West-Germany ist ganz prima. Hier der Text von Meike Jansen dazu.
»Der ›Fick 14 Pussycats‹ von Isabell Ott besticht durch seine grelle, ambivalente Ausstrahlung.« (Meike Jansen)
Beim Spielen an diesem mit viel Orange auch farblich sehr angenehm gestalteten Gerät vergisst man das Pornographische fast wieder. Nur wenn ein anderer guckt, fühlt man sich bisschen komisch und geht wieder zu den angezogenen Flippern.
Teile des Alltags verbinden sich in der Wahrnehmung zu einem Text, den man dann aufschreibt und der sich, wenn’s klappt, mit Erfahrungen der Leser verbindet. Und lebenstechnisch gibt es ja auch ein immer wieder überraschendes Nebeneinander: nach der Berlinale fiel ich – wie oft – in ein Loch, wurde bisschen krank, drömelte so vor mich hin, kriegte gar nichts mehr auf die Reihe, las in den falschen Büchern und von der Buchbesprechung, die ich eigentlich hätte schreiben sollen, war mir ganz langweilig geworden, ich sagte sogar einen Termin ab, auf den ich mich eigentlich gefreut hatte. Dann – es schien grad die Sonne – rief jemand von Vanity Fair an und fragte, ob ich was über Cafés im Frühling schreiben könne. – Klar, gerne.
Dann waren die Tage, an denen ich mich für diesen Text in Frühlingscafés setzen wollte, aber leider furchtbar grau, antifrühlingsmäßig und unschön und ich konnte mir gar nicht richtig vorstellen, wie man sich im Frühling fühlen könnte.
»Coffee and cigarettes are going together – hand in hand.«
Freitag, 14.03.08
Schlecht gedrehte
Samstag, 15.03.08
West-Germany
Die Beinarbeit ist wichtig.
Auch der Capatain war dabei.
Der große Traum war immer, die Nummer 2 zu werden.
Sonntag, 16.03.08
Dienstag, 18.03.08
Zwar ist nun wieder Winter, doch die Zeit der schönen blauen Stunden hat schon begonnen.
Mittwoch, 19.03.08
»Yasuzo Masumura (1924–1986) ist ein offenes Geheimnis des japanischen Kinos, dessen bescheidene Haltung gegenüber seinem Metier u. a. dazu führte, dass er im Westen kaum wahrgenommen wurde«, heißt es in einem Text des österreichischen Filmmuseums. Sein Hauptwerk – an die sechzig Filme – entstand zwischen 1957 und 1969.
Der Generationsgenosse von Kobayashi, Suzuki und Okamoto gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Filmrichtung des sogenannten Taiyozoku-Genres (wörtlich: »Abkömmlinge der Sonne«), das die Generation der 50er-Jahre-Jugendlichen beschreibt, die den Krieg nicht mehr bewusst miterlebt hatte. Die Vertreter dieses Genres, das später fließend in die japanische Nouvelle Vague (Oshima, Shinoda usw.) überging, wandten sich gegen die passiven, stillen Charakterdarstellungen der Großmeister (Ozu, Mizoguchi etc.).
Masumura war begeistert von Europa. Dort könne man »ganz lebendig empfinden, dass der Mensch schön und stark ist«, schreibt er unter dem Eindruck seines Studiums (von 1952 bis 1954) am Centro Sperimentale in Rom, wo er unter anderem auf Visconti und Antonioni traf. Und in seiner manifestartigen Schrift Eine Verteidigung (1958) heißt es: »Lasst uns das Aschgrau der Unterdrückung und des Opfers abstreifen und zur prächtigen Grundfarbe der Selbstbehauptung zurückkehren.« Die herrschende – »von Niederlage und Opfer berauschte, gefühlvolle Darstellung« sei uninteressant. Statt »den verlässlichen Menschen, der klug die Realität berechnet«, wolle er »den verrückten Menschen zeigen, der schamlos und ohne Rücksicht auf seinen guten Ruf seine Wünsche zum Ausdruck bringt«. Man müsse »die zielstrebige Haltung Jugendlicher oder Liebender, die nicht von ihrer Umgebung in Fesseln gelegt werden«, aufmerksam beobachten; Ziel sei es »das Wollen und die Leidenschaft blutvoller Menschen in übertriebener Weise zu schildern«. Er forderte sogar, das kommerzielle japanische Kino zu zerstören, weil es der Unterdrückung der individuellen Persönlichkeit diene und lediglich mit der literarischen Tradition Japans übereinstimme.
Die slapstickhafte, bonbonbunte, kapitalismuskritische Komödie Kyojin to gangu (Giganten und Spielzeuge, 1958), hatte mich besonders begeistert. Erzählt wird vom Kampf dreier Giganten der Karamellbonbonindustrie, deren Werbeabteilungen mit unglaublichem Aufwand um die Gunst ihrer Kunden ringen und ihre Konkurrenten mit schmutzigen Tricks niedermachen. Auf der Suche nach einer Idee für den kommenden Werbefeldzug treffen Mitarbeiter des Süßwarenkonzerns »World« auf Kyoko, ein Mädchen aus armen Verhältnissen, das eine lustige Zahnlücke und auffallend schlechte Zähne hat. Um sie für die Kampagne zu gewinnen, befreundet sich einer der Werber mit ihr. Unerwarteterweise wird Kyoko zum Liebling der Massen und beginnt mit der Konkurrenz zu verhandeln.
In den Werbeabteilungssitzungen der Bonbonindustrie fallen deutliche Worte: »We fill their empty heads with our message.« Dann heißt es sogar: »Use radio, TV and movies to control them – you understand?«
»Geschäftsleute als fanatische Workaholics zu porträtieren war neu und für das japanische Publikum auch schockierend«, schreibt Keiko Yamane in seinem Buch Das japanische Kino. Mein Lieblingssatz des Films: »Let’s go somewhere more adult!«
Die Yasuzo Masumura-Retro läuft im April im Arsenal am Potsdamer Platz. Die Fotos sind aus »Kyojin to gangu« (Giganten und Spielzeuge, 1958)
Donnerstag, 20.03.08
Dann wollten wir schön essen gehen. Leider war das Restaurant »Crepuscule« in der Skalitzer Straße in der Nacht abgebrannt. Passanten guckten schweigend. Am Rande stand ein Handwerker im Blaumann und rauchte einen Joint.
Eintracht Südring
„Guitar Queero„; echte Gitarren sind was für alte Leute!
Freitag, 21.03.08
Der Sau Sack steht vor dem Jugendzentrum Alte Feuerwache. Du kannst es gar nicht verfehlen – zwischen Bundesdruckerei und dem Haus der Lüge.
Die Platte war besser als gedacht. Auch dass man auf der einen Seite viel niedriger stand als auf der anderen, störte nicht wirklich.
Grün wird bei uns großgeschrieben. Deshalb gibt es in Kreuzberg ausschließlich Werbeplakate der Tempelhofgegner. Vielleicht haben die Tempelhoffreunde aber auch gar keine.
Die Beiden fragten mich, ob ich sie noch einmal fotografieren könnte.
O-Straße
Samstag, 22.03.08
Große Kunstschau im Vosspalais, Voßstraße 33.
25 Künstler und Künstlerinnen! Täglich ab 14 Uhr! Großes Programm!
Anke hatte in ihrem Blog auch davon gesprochen. So war ich gestern nach der Sportschau gleich hin.
Ohje! war es kalt. Auf dem Fahrrad froren mir die Hände ab. Erst die rechte. Die tat ich dann in die Tasche des Parkas und fuhr mit der Linken. Dann fror mir auch die Linke ab. Eisregen flog währenddessen in mein Gesicht. Zum Glück war die rechte schon fast wieder einsatzfähig …
Längst hatte ich ja all meine Handschuhe schon guten Gewissens verloren.
Das alte Haus fühlte sich so an, als sei hier in den letzten 18 Jahren kaum gelebt worden. Es war ziemlich kalt. Es erinnerte an das WMF-Haus in der Leipziger Straße, Anfang der 90er; als es noch besetzt war.
Die Gänge reichten tief in die Vergangenheit. In den Räumen hingen Bilder. Früher war’s mal irgendwas mit der Reichsbahn gewesen.
Bob Rutman, der letzte Beat, spielte auf seinem seltsamen Instrument. Ich hatte nicht fotografiert, weil viel zu wenige gekommen waren. Wahrscheinlich war die Kunstschau schlecht beworben worden und das Wetter tat sein Übriges.
Mehrere Fotografen, in den Fünfzigern, teils auch bärtig, fotografierten da so herum.
Wäre es voll gewesen, hätten sie nicht so gut fotografieren können.
Wir genossen viel zu wenig die schöne Umgebung, diesen tollen Ort, der ja auch in die Geschichte zurückreichte. Meist standen wir im schönen Blumenladen von Wolf Klein bzw. vor einem kleinen Gasofen bei den in Hannover im Abfall gefundenen Bildern von Kai von Kröcher und unterhielten uns darüber.
Längst hatte ich es aufgegeben, mich auf die einzelnen Kunstdinge konzentrieren zu wollen, weil es überall so kalt war. Unser ganzes Erleben war von der Kälte beeinflusst, über die wir nun so angeregt sprachen, wie ein paar Wochen zuvor über Rauchverbote.
So fuhr ich dann wieder nach Haus.
Sonntag, 23.03.08
Jürgen!
Auf zwei Fernsehern sah man das Spiel, auf dem dritten die Tabelle nebst zu aktualisierenden Ergebnissen. Die Sportbar war fast leer. Nur die Tresenkraft und zwei kurzhaarige Hertha BSC-Fans, guttrainiert, Mitte dreißig, waren hier und fluchten die meiste Zeit. Aus irgendwelchen Gründen hassten sie Schalke; gegen jeden anderen hätten sie mit Freuden verloren; nur eben nicht gegen die Schalker.
Sie waren so enttäuscht und genervt von dem Spiel, dass ich es fast begrüßte, als das Anschlusstor für Hertha fiel.
Ich verhielt mich still und trank zwei Bier.
Manchmal wechselte ich Blicke mit der blonden Tresenkraft, die sich nach dem Feierabend sehnte und vielleicht die Freundin des Hertha-Anhängers war, der an Pantelic erinnerte.
Pantelic sagte, halblaut, als hätte er es in dem Moment, in dem er es aussprach, gleich wieder zurücknehmen wollen: »Asamoah – der Strafraumneger.«
Ich ließ mich nicht drauf ein und sagte nur, Asamoah sei ein ziemlich guter defensiver Stürmer. Als er mir beipflichtete (wie um den Satz zurückzunehmen, den er eben gesagt hatte), verlor Asa den Ball.
»Wenn Pantelic dabei gewesen wäre, wäre es ganz anders ausgegangen.«
Denkst du!
Montag, 24.03.08
Dienstag, 25.03.08
Am Vormittag hatte vielleicht kurz die Sonne geschienen, doch die die meiste Zeit schneite es eigentlich so ganz angenehm vor sich hin.
Wir waren in der »Mythos Germania«-Austellung, die von Hitlers/Speers Umbauplänen für Berlin handelte. Der Verein Berliner Unterwelten eröffnete die Schau am letzten Samstag (15.3.) in einem Pavillon am Holocaust-Mahnmal.
Das Gästebuch war lustig.
Schriften in Gästebüchern mögen an echte Menschen erinnern. Dennoch haben sie keine Persönlichkeitsrechte. Die dahingehenden Copyrightsfragen sind glaube ich noch nicht erörtert worden.
Später schneite es noch immer.
Mittwoch, 26.03.08
Donnerstag, 27.03.08
Wir saßen im taz-Café und der Große Bruder davor in seinem dicken, roten Auto. Wollte sich den ganzen Nachmittag schon über uns lustig machen.
»…. ohne Kopf und ohne Schwanz« hätte jemand im Intranet der taz kommentiert, sagte Sigrid. Der Fahrer las gelangweilt Zeitung, schien sich in seiner Haut nicht wirklich wohl zu fühlen und fuhr dann später auch wieder.
Auf dem Weg nach Hause, die Friedrichstraße entlang, immer an der tollen tiefstehenden Abendsonne vorbei, dachte ich an den völlig übergeschnappten Text von Wagner, den ich vor paar Tagen im BILD-Blog gelesen hatte.
Gestern oder Vorgestern.
Freitag, 28.03.08
Sonntag, 30.03.08
Wer nicht für Tempelhof ist, ist kein Berliner.
Die Werbeplakate hängen so, wie auf dem Stimmzettel.
Der Papa ist nie zu Haus und verdient viel.
Direkt vor dem Springerhochhaus lag die Tempelhofgegnerin am Boden.
Connected
bzw.: wired
Montag, 31.03.08
© Alle Fotos: Detlef Kuhlbrodt