Umsonst & draußen ist ein Fototagebuch, das wie das gleichnamige Buch Anfang 2006 beginnt. Das Material stammt größtenteils aus dem Blog november07, den Detlef Kuhlbrodt ab Ende 2006 und bis Herbst 2013 für die taz gemacht und für das Logbuch noch einmal durchgesehen, an einigen Stellen gekürzt und an anderen erweitert hat, um das Erzählerische zu betonen. Eigentlich ist Umsonst & draußen eher Fotogeschichte als Tagebuch; die Aufnahmen sind die Umgebung einer nicht erzählten Geschichte. Kuhlbrodt ist losgegangen auf der Suche nach Bildern, die irgendwie zueinanderpassen und dem Tag ein Gesicht geben. Manchmal sind die Helden Fahrräder, manchmal Autos, manchmal gibt es auch Menschen.
Donnerstag, 02.08.07
Nach dem Aufstehen mach ich erstmal eine Runde um den Block.
Der freundliche LKW hängt hier schon seit dem Frühling herum; mal in der Gneisenaustraße, mal in der Schleiermacherstraße.
Samstag, 04.08.07
links vom Schreibtisch,
rechts vom Schreibtisch (in der Mitte: Wand).
Sonntag, 05.08.07
Gerade war ein Tor gegen die Mannschaft des BFC Südring gefallen. Ein neuer Spieler machte sich warm.
Dann saß ich mit C. auf der Dachterasse des Hauses, in dem er wohnte. Wir redeten über »die 68er«. Also darüber, dass »die 68er« eigentlich den Körper verneint hatten. In dem Sinne, dass der Körper immer für etwas anderes gestanden hätte: der Körper, der Sport macht, galt ihnen als faschistisch; der sexuelle Körper hatte immer für etwas anderes stehen müssen. Da hatte nichts Zärtliches, sondern immer so etwas fast plump Rabiates dringelegen. (So waren ja auch deren Witze)
In den 80ern hatten wir es schon als Grenzüberschreitung empfunden, wenn einem jemand die Hand gab. Nach ’89 hatten Ost-Kollegen den neuen Brauch eingeführt, sich auch unter Gleichgestellten die Hand zu geben.
Wir redeten über Harald, der nach der Beerdigung wieder viel präsenter geworden war. Als Person, wie er war, und sein Fehlen. Die Beerdigung, das Abschiedsfest, wie sich die Leute so und so um die Leerstelle gruppiert hatten. Manches war ja sogar komisch gewesen, fast wie bei Proust oder Dostojewski.
Als ich wieder nach Haus fuhr, lief After All von David Bowie durch meinen Kopf. Als Teenager hatte ich es oft vor der Schule gehört.
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Dienstag, 07.08.07
»Was denkt der Stein?«
Der Schmetterling träumt davon, ein Mensch zu sein.
Mittwoch, 08.08.07
Nostitzstraße.
»Thank you for not discussing the outside world.«
Freitag, 10.08.07
Das Casino des kleinen Mannes.
Samstag, 11.08.07
Die Raucher vor dem Hauptbahnhof waren lustig. Die Männer tranken und machten sexuelle Witze. Dieser hatte mit Gips ein Bierglas an seine Hand geklebt und ließ sich von seinen Freunden fotografieren.
Die Fahrt war normal; irgendwo machten wir halt.
Rickling ist so.
usw.
Veranstalter der kleinsten Loveparade Deutschlands, der Verein JUT = Junge Unternehmer Trappenkamps.
Sonntag, 12.08.07
Von Wespen verfolgt, hüpft Herr Melchersson ins Wasser.
Dienstag, 14.08.07
Der eine Busfahrer schimpfte auf die deutsche Straßenverkehrsordnung und lobte dagegen die englischen Verhältnisse; der andere hatte einen russischen Akzent.
Ich wollte das Schild – in der Nähe von Strukdorf – fotografieren, auf dem stand, wo es zum »Truppenübungsplatz Wüstenei« geht. Ich saß aber immer falsch oder verpasste die drei Sekunden, in denen das möglich gewesen wäre.
Highnoon.
Später waren die Blumen die kleinen Sehenswürdigkeiten auf dem Klinikgelände.
Ansonsten viel Stille. Sehr gemächliche Schritte. Gedämpfte Stimmen. Viele rauchen. Nette ältere Damen. Zwei knutschten am Rande. Die kamen bestimmt aus der Cannabistherapie. Manchmal einer, der alle zehn Minuten »Hilfe« ruft, weil sein schwerer Körper wieder im Rollstuhl runtergerutscht ist.
Ich dachte an meine Zivildienstzeit.
und an den Der Mann ohne Eigenschaften. (Bd. 1; S. 973-994)
Zurückfahren.
Donnerstag, 16.08.07
Zuhause.
Gegenüber.
© Alle Fotos: Detlef Kuhlbrodt