MT – Wir haben einige gemeinsame Freunde, die in Sprachen schreiben, die nicht ihre Muttersprache sind. Was hat das für Auswirkungen? Wie siehst du die Sache mit der Zweisprachigkeit?
AC – Oft kann man in einer Fremdsprache die Gedanken klarer ausdrücken. Während in der eigenen Sprache oft der Gedanke verunklart wird, weil man verliebt ist in die Sprache und es nicht lassen kann, mit ihr zu spielen. Maxim Biller hat vor kurzem so etwas in einem Essay geschrieben, der viel diskutiert wurde: Da er, Biller, selbst erst mit zwölf die Sprache gelernt habe, in der er schreibe, habe er dazu ein rationales Verhältnis und schreibe nur, was er schreiben wolle. Jawohl. Kurz vor der Verleihung des Chamisso-Preises hatte er in diesem Essay den mit diesem Preis ausgezeichneten Schriftstellern generell vorgeworfen, zu angepasst zu schreiben. Oft sei der erste Roman noch etwas eigenständiger gewesen, mit dem Erfolg hätten sie sich aber an die deutsche Art angepasst und begonnen, über Susi und Heinz in der Midlife-Crisis zu schreiben.
MT – Ja! Der erste Roman ist oft am interessantesten. Auch mein Freund Vladimir Vertlib hat als erstes einen sehr interessanten Roman geschrieben, wo man die russische Sprache gut spüren konnte. Danach hat er aber sein Deutsch perfektioniert.
AC – Verdammt!
MT – Sodass man jetzt wahrscheinlich keinen Unterschied bemerkt zu einem ausschließlich deutschsprachigen Schriftsteller. Schade, wenn solche anfänglichen »Verschmutzungen« der deutschen Sprache verschwinden.
AC – In welchem Alter ist er denn nach Österreich gekommen?
MT – Mit zehn. Vorher war er in Italien, Amerika und Israel. Drei, vier verschiedene Länder hat er gesehen, bevor er nach Österreich gekommen ist.
AC – Mit der Familie?
MT – Ja, mit der Familie. Zwischenstationen … hast du ihn einmal gelesen?
AC – Nur ein bisschen. Etwas Späteres wahrscheinlich, denn ich habe keinen besonderen Unterschied zu rein deutschsprachigen Schriftstellern bemerkt, es war nur vielleicht ein bisschen einfacher geschrieben.
MT – Den ersten Roman solltest du lesen, wo Vladimir eigentlich seine eigenen Erfahrungen bei der Ankunft in Österreich in die Hand nimmt.
AC – Schon schwer – Österreich, Pubertät …
MT – Ja, schwierig. Interessant ist aber auch die Satzbildung, die müsste man studieren. – Aber nun zu dir! Herzlichen Glückwunsch zum Chamisso-Preis! Und du hast noch einen Preis bekommen, nicht wahr?
AC – Ja, der Preis ist nach einem eher ruhigen Dichter aus Norddeutschland benannt.
MT – Was denkst du in Bezug auf solche Auszeichnungen? Es ist dir, schätze ich mal, etwas fremd.
AC – Ja, in der Tat finde ich es sehr merkwürdig.
MT – Deine Sprache ist ja schon mehr oder weniger einheimische Sprache.
AC – Ja, beim Chamisso-Preis hätte man eigentlich guten Grund, mich nicht zur definierten Gruppe dazu zu zählen, weil meine Biographie nicht wie die der klassisch »unerwünschten« Ausländer die Umwertung erzwingt, die einen wichtigen Fokus dieses Preises darstellt. Ich glaube, sie haben aber mit Absicht einen neuen Aspekt hereinbringen wollen, indem sie jemanden auszeichnen, bei der die sprachexperimentellen Auswirkungen mehr im Vordergrund stehen als die Biographie. Das kann man auch zweifelhaft finden, weil es in einer gewissen Hinsicht akademisch, elitär, sehr »weiß« ist, sozusagen. Andererseits, das Akademische sollte nicht automatisch als »weiß« gelten. Jedenfalls habe ich, obwohl viele drauf schimpften, Billers Artikel begrüßt, der darauf hingewiesen hat, dass die Integration in Deutschland auch eine Art Desertifikation darstellt. Alles wird ins White Cube hineingestellt und somit einverleibt und als Kunst verharmlost, obwohl es eigentlich mit dem Leben zu tun hat.
MT – Ist deine poetische Sprache mit dem Fremden verbunden?
AC – Schon. Inhaltlich ist das alles nicht verkehrt. Aber der andere Grund, warum es fremd ist, ist, dass ich ja eigentlich aus geschmacklichen Gründen – und nicht wegen einer persönlichen Geschichte – versuche, gegen diese Art von Leuten zu schreiben, die ausgewählte Migranten in die Sphären deutscher bürgerlicher Hochkultur hinaufheben wollen. Diese Okanemochi (Geldhaber)! Sie sind wie eine eigene Spezies, sprechen anders: Alles, was sie sagen, ist für mein Ohr ein bisschen verbogen, um der zentralen Frage auszuweichen, woher eigentlich das Geld kommt, das sie verteilen und verwalten. Ihre Höhe, von der aus sie sprechen, sieht für mich ganz wacklig aus, aber sie sprechen, als wäre es das Festeste der Welt. Vergleiche diesen letzten Woody-Allen-Film, Blue Jasmine. So sprechen Leute wirklich! Kreaturen! Manchmal habe ich ja selbst Angst – man wird eben ein bisschen verrückt, wenn man nicht das »normale« Leben lebt, sondern von irgendwoher Geld bekommt und nicht spürt, wie es zusammenhängt mit dem, was man arbeitet: ein bisschen irreal. Es ist natürlich auf Anhieb gesehen ein Glück, aber es kann einen deformieren. Sogar, wenn man aufpasst. Stipendien, Preise und so weiter … Jetzt habe ich schon fünf Jahre, bis auf das Semester in Nagoya, gelebt, ohne einen normalen, alltäglichen Job zu haben. Habe zwar immer was zu tun, aber …
MT – Du konntest also vom Suhrkamp Verlag also immer genug Aufträge bekommen, um davon zu leben?
AC – Indirekt, ja. Weil Suhrkamp ein bekannter Verlag ist, kommen die Bücher beinahe automatisch zu den Zeitungen, werden rezensiert … Und dann gab es noch den Zufall, dass, gerade als ich mein erstes Buch, die Fremdwörterbuchsonette, veröffentlichte, in den Feuilletons der Zeitungen ein sogenannter Lyrik-Boom ausgerufen wurde. Da waren meine Freunde vom winzigen Verlag Kookbooks das immer zitierte Beispiel für Lyrik, Start-Up-Firmen und Do-it-yourself (hier in Japan gibt es auch zurzeit eine starke Crafts-and-Guilds-Bewegung, oder?) – wodurch sie zwar berühmt wurden, aber trotzdem kaum genug Geld verdienten, um den Verlag weiterzumachen. Denn die Lyrik wollten doch, immer noch, nur sehr wenige Leute wirklich haben und als Lebenspraxis verwenden. Jedenfalls, als kontrastierendes Beispiel und Neuentdeckung war es in diesem Augenblick pittoresk und kam für großformatige Überblicke über die Lyrikszene gelegen, dass ich mit Sonetten auftauchte, einer altmodischen Form, neu verwendet, also einigermaßen innovativ und doch traditionell. Das musste ja gefallen – aber von mir war es keine Absicht gewesen.
MT – Denn eigentlich ist es schwer, von der Lyrik zu leben. Du wirst wohl eine Ausnahme sein.
AC – Ja.
MT – Wenn du ein Buch schreibst, sprichst du mit dem Lektor viel darüber?
AC – Wenig.
MT – Du konntest also alles selbst entscheiden, sprachlich, inhaltlich?
AC – Ja, hin und wieder riet die Lektorin, etwas wegzuschneiden, oder sagte Bescheid, wenn etwas unverständlich war, aber insgesamt hatte ich viel Freiheit und habe mehr oder weniger gemacht, was ich will.
MT – Tja, ich bin ja doch erstaunt, dass du so jung bist und schon als Schriftstellerin Karriere machst.
AC – Hm, ja, Zufälle.
MT – Aber manche Kritiker haben behauptet, dass du wirklich eine Begabung hast, mit der du etwas Neues für die deutsche Literatur geschaffen hast.
AC – Dass es neu ist, glaube ich schon. Hm …
MT – Ist das für dich gültig? Ich meine, meinst du, deine Sprache ist jetzt gerade ganz fit und passend für die Leserschaft?
AC – Hm, nicht ganz, nein. Oft wird es ja auch als unverständlich beschrieben. Ich glaube aber schon, dass ich einerseits gut bluffen kann, andererseits wirklich interessante Punkte finde. Es ist möglich, dass ich eine Formel gefunden habe, die psychologisch für mich arbeitet: Wenn jemand meine Texte nicht mag, könnte es wirken, als ob er sie nicht verstünde. Wenn jemand sie nicht versteht, wiederum, als ob er zu feige oder zu dumm für die Gedanken darin ist. Also sagen alle, die sich zu einer gewissen Einstellung zugehörig fühlen – eine, die das Abstruse, Humor, Bildung und authentische Emotion gut finden –- dass sie meine Texte mögen. Weil sie gerne zu den intelligenten, radikalen Leuten gehören wollen. Das, was ich mache, ist aber ja eigentlich immer unperfekt und seltsam, es könnte auch anders geschehen, ich habe es nicht unter Kontrolle, bin kein guter Handwerker oder so. Aber manchmal treffe ich interessante Punkte. Berlin ist sowieso interessant, und zwischen der Hoch- und Subkultur, den alten Punks aus dem Prenzlauer Berg, der Wiener Tradition – weil ich da zwischen den Stühlen stehe und lerne und lerne und lerne, habe ich vielleicht ein interessante Perspektive.
MT – Meinst du auch eine Arbeitsweise zwischen den Genres, etwa mit Fotografie, Theater, du zeichnest ja auch?
AC – Das auch, aber grundlegender noch von der philosophischen Einstellung her, im Stil, in der Sprache.
MT – Hast du Unterschiede in der gleichen Generation von Autoren festgestellt, erkennst du andere Charaktere, was die Literatur betrifft?
AC – Die Werke sind vielleicht bei anderen Leuten mehr in der Kindheit, im Stil des Elternhauses verwurzelt, weil die Wörter, die sie benützen, auch dort vorkamen. Die USA hat ja sehr massiven Einfluss auf Westdeutschland gehabt, wie auf Japan ja auch, und manche Westdeutsche beschreiben nun so wie die Amerikaner ihre langweilige Kindheit in langweiligen Vorstädten. Dann gibt es immer Ahnenforscher, Beziehungsgeschichten. Meine Generation hat den Fall des Eisernen Vorhangs als Kinder erlebt, und sie erzählen das zum Beispiel als Familiensatire, wie Andrea Hünniger im Roman Das Paradies. Oder wir fragen uns, wie die Traditionslinie im Theater von Hacks und Müller zu René Pollesch aussieht. Fünf, zehn, zwanzig Jahre ältere Leute haben aber noch – wie auch in der Ukraine, nur nicht so sehr – als junge Menschen den »Wilden Osten« der 90er erlebt, als Abenteuer, Rave, mit viel Schönheit und viel Brutalität, zum Beispiel unter den Punks und Squattern wie im Tacheles. Natürlich gibt es auch die ewigen privaten Themen, die alte Funktion der Literatur, sich selbst eine Stimme zu finden, um auszudrücken, was man empfindet. Experimentelle Techniken werden dabei hauptsächlich in dienender Funktion verwendet, ein bisschen eklektisch.
Ah, es gibt noch einen anderen Aspekt von Amerika. In letzter Zeit habe ich Henry James gelesen und besser kapiert, was es mit Amerika auf sich hat. Ich habe immer die Amerikaner gehasst, weil sie grob und laut und selbstgerecht sind und keine Ahnung haben, Feinheiten nicht kapieren und nicht einmal wahrnehmen, dass sie zu kapieren wären – aber, wie mein Freund Alex mir schon lange versucht zu erklären: Sie haben auch einen Aspekt von Freiheit in ihrem Umgang mit Kultur. Ezra Pound war ja auch Amerikaner.
MT – Ezra Pound!
AC – Und diese Frauen, die der Henry James portraitiert, sind immer eigentlich ganz gute Figuren. Gebildet und gleichzeitig naiv oder so. Manchmal sind sie deppert, und manchmal kommen sie genau wegen diesem Idiotentum auf den richtigen Gedanken, während die Europäer oft durch ihr Wissen sich in Labyrinthen bewegen … Das ist aber auch das Eklektizismus-Problem. Gehört es verboten, oder gehört es bloß kultiviert?
MT – Konservativ!
AC – Ja, konservativ, eingeschränkt von ihrem sensiblen überlieferten Wissen, dass es immer so und so sein muss. Also, es ist wirklich eine komische Sache mit Amerika.
MT – Dein Freund Alex ist Amerikaner?
AC – Nein, er ist Ostdeutscher.
MT – Amerikanische Identität aber ausgeprägt?
AC – Nein, ganz im Gegenteil, er hat sich einmal sehr in Russland verliebt, Slawistik studiert. Aber hat einen guten Blick für die Charakteristika von Nationen. Ohne zu urteilen, sieht er verschiedene Eigenschaften, wie sie sich aufgrund historischer Situationen herausbilden.
MT – Ah, deswegen hast du dich auch für Russland begeistert.
AC – Ja.
MT – Wie ist es nun mit der Identität? Die ist heutzutage ja ganz schwankend, wegen der Globalisierung. Aber man fragt sich immer, was ich eigentlich bin, was ich als Identität finden könnte. Du hast immer verschiedene Schauplätze, hier in Japan, Berlin und so weiter.
AC – Ach ja, mein Buch! Hier! Und hier ist eine DVD, die ich 2012 mit Starsky, der besten Visualistin Österreichs, gemacht habe. Oder habe ich sie dir schon gegeben?
MT – Dankeschön. Ich hatte eben eine Rezension von deinem Buch gelesen. Es hat viel Aufsehen erregt.
AC – Tja, Skandal-Zeug! Homosexualität, Altersunterschied, Gespenster, Geschlechtsumwandlung, Suff, Sex, Drogen und Poesie – was du willst!
Gestern habe ich den Aufsatz von Fenollosa über Chinesische Schrift gelesen, die Ezra Pound innerhalb seines Buchs Instigations herausgegeben hat. Die Theorie mag faktisch übertrieben sein, ist aber sehr interessant, dass die chinesische Sprache von Verben ausgeht, während in europäischen Sprachen alles als nomenförmig behandelt wird. Das war damals wohl modisch, aber damals wie heute gibt es einen großen Bedarf an anderen Denkmodellen, die nicht nach dem diskursiven Muster »das ist das, und das ist das« funktionieren, also nicht Kategorien basteln, sondern Tätigkeiten als Denkmodell nehmen.
MT – Also sozusagen bewegende Identitätsformen.
AC – Ja, also etwas Gegenwärtiges. Identität nicht als etwas, was du bist, sondern was du machst.
MT – Identität also keine Substanz, sondern eine Befreiung. Das stimmt. Ich bin derselben Meinung. Identität muss heute nicht mehr in die klassischen Begriffe passen.
AC – Aber es gibt immer noch so viel davon. Und diese ganzen Identitätsdiskurse, Political Correctness, ich bin nicht so, ich bin anders – das wird immer noch in diesen Formeln verhandelt und bleibt daher stecken. Es muss anders gesprochen werden. Auch, um zurechtzukommen mit dem Internet und so.
MT – Also vielperspektivische, vielschichtige Identitätsformen.
In Bezug auf die Japan-Motive in deinem Buch [Der schaudernde Fächer] können wir bei der Lesung noch sprechen, aber hast du jetzt schon etwas dazu zu sagen?
AC – Sie haben wohl unterschiedliche Funktionen. Ich war einfach sehr verliebt in Japan und schreibe immer über das, in das ich verliebt bin, weil man das immer am günstigsten wahrnehmen kann. Schönheit, Klarheit. Irgendwie ist Japan auch ein Beweis dafür, dass die Welt anders ist als die Europäer denken. Aber manchmal sind es, viel banaler, einfach Entfremdungstechniken. In dem Buch fällt allen Leuten zum Beispiel immer auf, dass die Namen komisch sind, dass es irgendwelcher Flotsam ist, den man nicht zuordnen kann. Dann wieder ist es eindeutig, dass es Japan ist. Im Text, den ich heute vorlesen will, gibt es zum Beispiel Ki no Kawaza …
MT – Ki no Kawaza, ja. Der Name klingt mir ganz fremd.
AC – Weißt du, was Kawaza ist?
MT – Nein.
AC – Es ist »die Kampfsporttechnik, die was die Spezialeinheiten trainieren«. Gesehen auf einem Plakat in der Klosterneuburger Straße in Wien.
MT – Ach so.
AC – Ich glaube, Serben unterrichten das oder so. Habe im Internet nichts davon gefunden. »Die was« ist ja auch nicht korrektes Deutsch. Es ist aber ein schönes Beispiel für das gute Sprachgefühl der sogenannten Bildungsfernen – also in dem Fall ist das Wiener Dialekt; korrekt wäre »die Kampfsporttechnik, die die Spezialeinheiten trainieren«. Das klingt aber blöd: »die die«. Deswegen fügt der Sprecher ein »was« dazwischen ein. Das klingt wirklich besser. Nur die Snobs beharren darauf, die Regel zu befolgen, obwohl man damit wie ein Idiot klingt. Es ist ihr Klassenmerkmal, dass ihresgleichen es eben nicht als blöd, sondern als korrekt empfindet. So wie Barbour-Jacken, oder jetzt sagt man im Deutschen immer »gerne« statt »bitte«. Ich empfinde das als extrem unhöflich, aber es hat sich seit zwei Jahren in den deutschen Büros eingebürgert. »Bringen Sie gerne auch die Formulare mit«, statt »Bringen Sie bitte auch die Formulare mit«. Ich glaube, das ist ein kläglicher Versuch zu vertuschen, dass man jemanden um etwas bittet. Aber was ist das für eine komische Überlegenheitsexistenz, wenn es als unhöflich gelten kann, jemanden um etwas zu bitten! Eigentlich werden Befehle damit kaschiert. Im Deutschen gibts übrigens den Ausdruck ukazisch, von Russisch ukaz, Befehl. Hab ich von Alex gelernt.
MT – Ist Kawaza ein Familienname?
AC – Es ist ein Fantasiewort, glaube ich. Nicht japanisch jedenfalls. Wieder halt so ein Gag von mir, der nicht lustig ist.
MT – Ich dachte, ob es vielleicht japanisch sein könnte, aber … Und Ki?
AC – Ki hat mehrere Bedeutungen, oder? Stil?
MT – Luft, oder … Lust, viele Bedeutungen. Stil auch.
AC – Und dann kommt Murasaki no Cigar – es tut mir leid! Es ist ein Zirkus.
MT – Kinoshita Zirkus, kennst du den?
AC – Nein.
MT – Kinoshita Zirkus ist bekannt in Japan. Tja. Wenn man als Japaner solche Namen hört, geht man im Kopf verschiedene Kanjis durch und fragt sich …
AC – Ich bin auch etwas nervös, wenn ich solche japanischen und pseudojapanischen Motive verwende, diesen Karneval veranstalte, ich meine, ein Japaner weiß ja nicht, dass ich auch zu Deutschland oder Europa ein parodistisches Verhältnis habe. Seit ich klein bin, versuche ich sie zu imitieren, merke, es macht mehr Spaß und mehr Sinn, sie zu karikieren. Vielleicht wirkt es aber auch unangenehm. Ich bin ein bisschen unsicher.
MT – Du meinst, der Karneval?
AC – Ja, diese Art … Orientalismus. Die unernste Verwendung japanischer Motive.
MT – Ja, japanische Motive wurden immer als exotisch verwendet.
AC – Ich finde den Exotismus natürlich problematisch, aber der Verbot davon führt dazu, dass alle immer so sprechen, als wäre alles überall gleich. Weil eigentlich ist nichts natürlicher, als sich für andere Kulturen zu interessieren, und sich für sie zu begeistern, eben weil sie anders sind, als man die Welt kennt. Bloß ist es ein Problem, wenn man dabei so über sie spricht, als wäre man überlegen. Und meistens können die Leute erst ein halbes Jahrhundert später, wenn überhaupt, hören, wie sie klingen. Deswegen denken sie immer, dass sie jetzt ein angemessenes Verhältnis zur Umwelt haben, ihre Elterngeneration aber borniert gewesen sei. Dabei sind wir jungen überhaupt nicht gefeit. Die deutschen Zeitungen jetzt – furchtbarer Tonfall! Wissen alles besser. Dabei klingt »Merkelismus« wie Nasenbohren.
MT – Du hast zum ersten Mal Erzählungen geschrieben. Wirst du weiter Erzählungen schreiben, änderst du deine Poetik?
AC – Weiß nicht. Bin ein bisschen am Herumexperimentieren. Mein Projekt für das Goethe-Institut in Kyoto ist ein Langgedicht über die Kanjis. Ein »kleines« Projekt! Ein bisschen auch, weil Pound so etwas gemacht hat, aber ich finde, dass seine Methode, die Schriftzeichen in die Cantos einzubauen, nicht besonders gut funktioniert. Ich glaube, ich weiß, warum er es gedanklich für sich selbst eine gute Methode fand, aber ich denke, ich muss andere Mittel der Darstellung finden. Es ginge darum, die deutsche Sprache, zum Beispiel, zu formen nach der chinesischen und japanischen Sprache. Und nicht Kanji einbauen in ein europäisch-griechisches Pathos. Ich bin aber noch in der Entwicklungsphase. Im Moment kommen manchmal Pseudomythen heraus, manchmal Blödelei, manchmal Prosa, manchmal mehr Gedichte.
MT – Also gemischt.
AC – Bis jetzt ganz gemischt. Es ist aber noch lange nicht fertig. Ich bin ein bisschen gehemmt, richtig anzufangen. Es gibt ja so viele Kanjis, es wirkt völlig arbiträr, was ich aufgreife. Es hat was vom Rorschach-Test, kunterbunt, irgendwas Nettes fällt einem schon ein zu den Kanjis, aber das ist es nicht.
MT – Wenn du ein Kanji siehst, kannst du deine Vorstellung daran schulen, so meinst du?
AC – Ja! Aber eigentlich muss man ein einziges Kanji nehmen und eine ganze Erzählung schreiben, damit es Sinn macht. Ich wollte das eigentlich sehr dicht machen, mehr wie Oulipo, dass die Radikale des Zeichens vorkommen, sowie alle Bedeutungen und alle Lautungen, in wenigen Zeilen, etwa so strenge Tüftelei wie beim Sonett Reim und Metrum. Aber als ich das versucht habe, merkte ich, da kommt nur Unsinn heraus, es sind dann Gedichte kreuz und quer – zu kunterbunt, das hat mir nicht gefallen, deswegen vielleicht doch besser Erzählungen.
MT – Meinst du, dass man die experimentelle Poesie bereits an seine Grenze getrieben hat?
AC – Ich meine, dass es schwierig wird, wenn der Kontext so international durchlässig und unterschiedlich ist. Als man die Texte noch fotokopiert hat und genau wusste, in welchem Land ein Text sich gerade befindet, konnte man besser damit spekulieren, was im Kopf passiert, wenn man viel weglässt. Irgendwie ist mir das heutzutage zu offen, weil die Leute so unglaublich unterschiedliche Erfahrungen und Informationen haben und so dreist sind, dass jeder kommt und sich irgendetwas hineindenkt, und alle klopfen sich auf den Rücken und sagen: »Ja, kreativ« – also die 68er-mäßigen Belohnungsstrukturen für Kreativität sind noch in voller Blüte. Es hat sich aber viel verändert, es gibt mehr Freiheit, mehr Gedankenfreiheit – also die provokative Notwendigkeit der konkreten Poesie ist, oberflächlich jedenfalls, etwas weggesickert. Vielleicht funktioniert es noch in der Provinz, Witze gegen das Establishment, aber in Berlin oder auf Poetry-Festivals, also sobald man in einer Struktur, wo man dafür nur belohnt und beklatscht wird, genau so weitermacht, verliert die strukturelle Protestkultur seine Kraft und wird abgestumpft, kindisch, debil, selbstgefällig.
MT – Also Innovation wäre in Berlin zum Beispiel, dass man das Problem anspricht, dass so viel Freiheit zu einer Schwammigkeit führen kann.
AC – Schwammig, ja, nicht fassbar, freundlich, dabei schlummern irgendwo Klappmesser. Man bekommt eine Sehnsucht nach offen verhandelter Strenge, nach Handwerksbegriffen, jetzt lern mal deine Verse ordentlich, schreib schön, mit schöner Sprache, sorgfältig. Nicht anything goes und dann aber völlig undurchsichtige Erfolgs- und Selektionskriterien nach modischer Sexiness, Irrtümern, Reaktionen, angstgetriebener Selektion der Erfolgreichen, blinder, künstlich verstärkter Sozialdarwinismus als unerkannter Einfluss auf eine heimlich extrem normative Ästhetik. Die extreme Diskrepanz zwischen den proklamierten Werten und der sozialen Wirklichkeit ist ein auch ästhetischer Schmerz.
MT – Willst du wieder Sonette machen?
AC – Ja … würde auch gerne andere strenge Formen verwenden. Aber sie sind alle so speziell, manche ethnisch geprägt, romantizistisch, das Ghazel, die Odenstrophen … man kann es nicht forcieren.
MT – Ja, ich glaube, zur Innovation sollte man alte Traditionen neu auffassen. Die Diskrepanz zwischen Tradition und Kontemporalität künstlerisch ausloten.
AC – Es hat sich ja etabliert, dass Innovation und Kreativität positive Werte seien, was aber etwas zu ausschließlich im Moment als Monokultur dominiert. Man kann ja nicht NUR Bäume pflanzen, sie müssen auch mal ein bisschen wachsen. Deswegen kommt, glaube ich, jetzt auch in meiner Generation ein Trend zum Neokonservativen, man sagt auch wirklich »neokonservativ«.
MT – Das trifft auch auf die moderne Kunst zu. Immer soll es ganz neu sein, aber es ist schwer und absurd, andauernd etwas Neues zu finden.
AC – Man hat gar keine Lust dazu!
MT – Willst du dann klassische Traditionen neu interpretieren? Wäre vielleicht besser.
AC – Ja, und es geht glaube ich auch um Lebensweisen. Das finde ich in Japan interessant, wenn die Haiku-Dichtung – also, ich hasse es, Haikus zu schreiben, vor allem diese internationalen Haikus, da schreiben sie sie runter am Stück und so –
MT – Ja, es ist banalisiert.
AC – Aber die Idee, sehr wenig zu schreiben, während sehr viel im Kopf passiert, ich weiß nicht, obs stimmt, ich hatte jetzt die Theorie, das vermutete Verständnis, dass das Japanische zu lesen –
MT – Matsuo Bashō ist ein sehr guter Dichter, der damals ganz konkrete Szenerien zuerst vor Augen sah, danach konnte er ein bisschen abstrakter darauf etwas finden. Das heißt, einerseits ist die Szene ganz konkret, aber andererseits ganz abstrakt. Solche ambivalenten Aspekte gab es. Bashō hat behauptet, dass er besonders Leerheit in der Szenerie finden kann, Leerheit als Selbstvernichtung oder so. Die Selbstvernichtung ist ganz selbstwidersprüchlich. Das lyrische Ich ist natürlich da, aber die Szene wird nicht subjektiv dargestellt. Wie im Zen-Buddhismus.
AC – Man kennt ja auch beim Schreiben so Zustände, dass man verschwindet, und nur der Text ist da.
In letzter Zeit, beim Lernen von Kanjis – mein Problem ist, dass ich so viele aufschreibe und sie mir nicht merke, gierig, Jikiketsugaki. Wenn ich auf Deutsch schreibe, ist es ein Rausch, auch vom Schreibfluss her, in der Hand stürzt es von Buchstabe zu Buchstabe, die zu einer Linie verfließen, immer von links nach rechts. Ich verliere das Bewusstsein und existiere nur im Text, den ich aber laufend hinter mir lasse. Quasi Medium. Das ist aber kein guter Zustand, um sich etwas einzuprägen, denn es geht durch mich durch. Ich hatte aber das Gefühl, bei der japanischen Kalligraphie und auch bei der normalen Lektüre, dass man weniger in einen Rausch kommt, sondern bei Bewusstsein bleibt. Stolpert nicht so hinein. Oder doch?
MT – Beim Tuscheschreiben ist es so: Im Kopf sollte man ganz leer sein. Gut trainieren, dann ist es immer automatisch so beim Schreiben. Fast automatisch, wenn man das übt. Am Ende ist es von selbst nicht denken, sondern intuitiv.
AC – Auch wenn ein ganzer Text geschrieben wird? Eine Art Trance?
MT – Ja, die Sprache selbst kommt von oben, so sagt man.
AC – So gehts mir auch, aber es gibt wohl verschiedene Charaktere, bei mir ist es oft so eine galoppierende Ideenflucht, dass ich mitgerissen werde und ganz woanders lande, als ich hin wollte.
MT – Man kann natürlich damit anfangen, viel zu schreiben, aber danach sollte man eine reduzierte Sprache haben. Die Zielsprache ist immer von vielfältiger Dimension, so sollte man immer einen Aspekt hineinkommen lassen.
AC – Tricks!
MT – Deshalb hat man die Dichtung von Bashō – kann ich selbst davon verschiedene Sensationen haben. Das ist eigentlich großartig. Sehr bekannt ist Shisukasa ya – »Stille: In die Steine hinein geht das Zikadengeräusch.« Zikaden sind ja sehr laut. Plötzlich ist Stille da.
AC – Das ist ja wie eine optische Illusion! Ja, das ist ein arges Gedicht.
MT – Ja, wie ein Gedankenstrich. Für mich ist das … wie soll man sagen? In den japanischen Gedichten ist das immer: In die Natur hinein, und plötzlich kommt eine neue Illusion heraus. Das ist sehr verblüffend, wie von einem Priester oder Schamanen.
AC – Etwas mystisch.
MT – Den Spruch einer Schamanin sollte man mal hören. Im Norden Japans gibt es noch einige Priesterinnen, die noch von Geistern hören und ihnen selbst die Stimme geben. Osorezan. Dort gibt es noch einige schamanistische Frauen, Miko genannt, die noch die Stimmen von Geistern hören. Ethnologen wollen sie immer hören.
AC – Geister! Aber man kann das nicht einfach so machen, oder? Es braucht doch eine gewisse Notwendigkeit, hätte ich gedacht.
MT – Solche Leute, die wirklich mit Geistern sprechen, die versuchen, das weiterzuleiten. Hast du davon schon gehört?
AC – Miko, das Wort habe ich schon mal gehört. Ich glaube, es kam eine in einem Noh-Stück vor.
MT – Itako ist das Wort für blinde Schamaninnen aus dem Norden. Zukunftsvorhersage, heißt es. Sie sprechen mit den Geistern der Toten, Kami heißen die Gottheiten im Shinto. Solche Leute haben sich wirklich transformiert. Ich habe sie noch nie gesehen. Sie kommen im Sommer mehrere Tage vom Berg herunter. Osorezan, Furcht-Berg. Es gibt ja drei Geisterberge in Japan: Kōyasan, Hieizan, Osorezan. Hieizan ist bei Kyōto, kennst du es?
AC – Ja, wo die militanten Priester wohnten.
MT – Schau, am Tisch liegt der neue Roman von Nina Jäckle [Der lange Atem]. Kennst du ihn?
AC – Nein.
MT – Sie hat über den Tsunami in Tōhoku geschrieben, aber nur von Deutschland aus. Sie hat also nur im Internet recherchiert. Das ist doch interessant. Normalerweise würde man denken, das sei unmöglich.
AC – Wahrscheinlich kommt man nie zu dieser kompakten Erzählung, wenn man sich wirklich auf die Wirklichkeit einlässt. Also lieber zuerst schreiben, dann recherchieren. Sind es denn Japaner oder fakes?
MT – Die Gesichtspunkte sind eher europäisch. Aber natürlich spielt es in Japan.
AC – (liest) »Ein älterer Herr kam und sagte, die Gewissheit sei kaum zu ertragen.« – Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Japaner so viel redet. Ein deutscher alter Mann vielleicht schon.
MT – Ja. Und jetzt steht mein Name hinten drin. Obwohl ich nicht so viele Fehler gefunden habe. Ich habe ein etwas schlechtes Gewissen. Die Anfrage kam sehr plötzlich.
AC – Ach, das auf dem Buchdeckel ist das Epizentrum des Erdbebens! Zuerst hatte ich an Fukushima gedacht. Die Nuklearkatastrophe hat die Naturkatastrophen auch in meiner Erinnerung überdeckt.
MT – Gibt es noch etwas, was du sagen willst?
AC – Vielleicht sage ich noch, was ich jetzt mache. Der Titel davon ist Jikiketsugaki, das habe ich von Lafcadio Hearn, das soll sein jemand, der als Gelse wiedergeboren ist. Eine Art Preta.
MT – Ah, eine Gelse! Das ist eine Art Tensho [Reinkarnation]! Oder Rinne-Tensho im Buddhismus.
AC – Preta sind hungrige Dämonen, richtig?
MT – Ja. Gaki ist der hungrige Dämon. Jiki?
AC – Jikiketsugaki. Frau Yamaoka, die im Goethe-Institut für das Programm zuständig ist, hat es auch recherchiert und bestätigt, aber kannte es selbst vorher auch nicht. Irgendwo muss Hearn das erzählt bekommen haben.
MT – Jikiketsugaki: Eine Person, die im Leben viel Fleisch gegessen hat, weder Tiere geschont noch das Fleisch mit anderen geteilt hat, muss nun als Blut essender Dämon in der Halbwelt der Dämonen fortleben. Im Buddhismus gibt es ja drei Wege, die die Bösen nach ihrem Tod beschreiten können: Jigoku, die Hölle; Gaki, Dämon-Sein, und eine Existenz als Tier. Hast du davon schon gehört?
AC – Ein bisschen. Ich hatte mir diese klare Unterteilung nicht so eingeprägt. Vielleicht habe ich es auch überlesen, weil mich der Aspekt des Wiedergeborenwerdens mehr interessierte als diese hierarchischen Stufen, die dem, was wir von christlicher Mythologie kennen, ähnlicher sind. Eine Bürokratisierung.
MT – Könnte man sagen. Aber diese Dämonen kommen manchmal in der Wirklichkeit vor. So sagt man.
AC – Ja, in dieser buddhistischen Terminologie verliere ich ein bisschen den animistischen Aspekt. Das interessiert mich auch schon lange, wenn ich in Deutschland zum Beispiel durch Industrieruinen gehe. Dass das, was passiert, nicht einfach in der Vergangenheit verschwindet, als wäre es das Klo hinuntergespült worden oder religiös in Plus- und Minuspunkte oder eine Anzahl von Sutren umgewandelt worden, sondern durch mehrere Übersetzungsvorgänge, welche nach so strengen Naturgesetzen funktionieren wie die Chemie, noch als qualitative Merkmale in der Gegenwart präsent ist. Umgekehrt macht es aber genau deswegen doch Sinn, dass die Religionen sozusagen als Kläranlagen funktionieren und solche quasi Zersetzungsprozesse von Sünden durch Gebete und Rauch und örtliche Bündelung beschleunigen können.
MT – Hearn hat eigentlich sehr gut mehrere japanische Geschichten gesammelt und aufgeschrieben. Auch einige Gespenstergeschichten.
AC – Ja, die haben mich begeistert. Ich hatte lange Zeit Hearn nicht gelesen, weil ich keine Lust hatte, Abhandlungen über Japan zu lesen. Aber dann habe ich diese Geistergeschichten gelesen!
MT – Hearn war wirklich der erste, der solche Geschichten gesammelt und auch wirklich gut aufgeschrieben hat.
AC – Es hieß, er wohnte bei einem Friedhof, und er hat sich auch die genauen Bedeutungen der Aufschriften auf den Holzlatten erklären lassen.
MT – Koizumi Yakumo heißt er auf Japanisch. Er hat eine Japanerin geheiratet. Sie konnten auf Englisch und Japanisch kommunizieren. Und seine Frau konnte ihm gut helfen, verschiedene alte Geschichten von Japan zu sammeln. Sehr interessanter Wissenschaftler und Erzähler.
AC – Ja! – Bei mir heißt es dann Jikiketsugaki, gefangen in Indras Netz, was »das Internet« bedeutet.
MT – Ah!
AC – Das ist nun der Titel des Großprojekts mit den Kanjis. Wie es mir geht beim Lernen der Kanjis ist wie mit dem Internet, alles ist vernetzt, und ich werde gierig und will immer mehr, immer mehr erfahren und wissen. Als ich auf die Figur Jikiketsugaki stieß, fand ich, dass es genau trifft, was das Problem ist, was ich versuche darzustellen.
MT – Gaki sind, wie gesagt, diese kleinen Dämonen, aber Gaki hat auf Japanisch eine andere Bedeutung, bedeutet »Hecke« bzw. »Zaun«.
AC – Echt?
MT – Mit einem anderen Kanji natürlich. Zum Beispiel Ikegaki: Hecke. Gaki war aber auch ein Schimpfwort für kleine Buben. Kleinerich oder so etwas. Oder ein böser Bub heißt Warugaki. 悪ガキ. Im Buddhismus gibt es solche Gaki, Hungerdämonen. Und noch eins ist …
AC – Aber Katakana geschrieben?!
MT – Ja, aber auch auf Kanji geschrieben. Für dich ist es wahrscheinlich sehr interessant … ガキ 餓鬼 悪ガキ
AC – Ja, Mensch, es ist alles so fürchterlich interessant und sozusagen geistig schmackhaft. Muss aufpassen, dass ich mir nicht nur die Fleischstücke herauspicke und verschlinge. Vorsichtig will ich schreiben. Ich bin aber auch so schnell verzweifelt, wenn es nicht funktioniert. Ungeduldig. Dieses Projekt braucht viel Ruhe und Intelligenz. Aber ich bin unruhig und blöd. Vielleicht ist es also gut als Projekt nebenbei, auf lange Zeit zu betreiben.
MT – Ja, bitte pass auf. Es ist schon so viel Blödes über japanische Sachen geschrieben worden.