Neun Studierende am Institut für Literarisches Schreiben und Literaturwissenschaft in Hildesheim sind von 1.–5. Juli in Klagenfurt unterwegs. An ihrer Uni haben sie am Seminar Schriftstellerinszenierung beim Ingeborg-Bachmann-Preis teilgenommen. Beim Wettlesen in der Stadt, im Strandbad am Wörthersee und auf diversen Partys setzen sie gemeinsam mit ihrer Kursleiterin Alina Herbing ihre Studien fort. Einschätzungen, Einblicke und Erkenntnisse dokumentieren sie in Wort und Bild, nachzulesen und anzusehen im Logbuch.
Die Autorenporträts: Kitschig und effekthascherisch vs. professioneller als jeder Roman der letzten zehn Jahre – Valerie Fritschs surrealer Kurzfilm spaltet Klagenfurt.
Die Texte: Trauer, Liebe, ein bisschen Orgasmus und Familiengeschichten. Die Spannung der Texte liegt in ihrer Machart. Abgesehen von Valerie Fritsch loten die Autorinnen und Autoren konsequent Genregrenzen aus. Nora Gomringers Text Recherche reflektiert so ziemlich alles, was man reflektieren kann, ist Hörspiel, Langgedicht und Reportage zugleich. Brot, Brot, Brot von Sven Recker könnte auch ein postdramatisches Theaterstück sein, inklusive Kapitalismuskritik und Gruppentherapie. Trotzdem wird Valerie Fritsch mit dem am traditionellsten gearbeiteten Text des Tages zur Favoritin.
Das Vorlesen: ist durchgehend professionell und manchmal noch professioneller, nur am Einsatz der Beine müssen die Lesenden noch arbeiten.
Die Jury: Klaus Kastberger avanciert zum Publikumsliebling, aber auch die anderen sind rhetorisch voll dabei und feuern zitierfähige Phrasen durch das ORF-Studio:
»Die Ausgangsposition, die wir nach drei Sätzen haben, ist nach 3000 immer noch dieselbe.«
»Das ist ein Trailer von einem Roman.«
»Den Text gibt es nur, weil es uns gibt.«
Das Publikum: applaudiert erleichtert, als es von Klaus Kastberger darauf hingewiesen wird, dass Valerie Fritschs Das Bein der literarischste Text des Tages ist.
Die Pausengespräche: Florian Kessler erzählt, dass er letzte Nacht mit Martin Kordić und Jan Valk in einer Kneipe war, in der Männer in Wehrmachtsuniform zu den Böhsen Onkelz tanzten.
Das Essen: In diesem Jahr sind die Buffets schwächer geworden, die Texte dafür stärker.
Das Wetter: Blitze zucken die ganze Nacht um das Schloss am Wörthersee, aber die blütenweißen Tischdecken flattern nur ein bisschen im Wind und bleiben trocken.
Die Frage des Tages: »Ist der Text langweilig, oder ist der Gegenstand des Textes Langeweile?«
Was sonst noch geschah: Vollmondschwimmen im Strandbad Maria Loretto, aber alle sind auf dem Schloss beim Empfang der Bürgermeisterin.
Wunsch an den nächsten Tag: Mehr Menschen, die im Teatro tanzen.
Alle Bilder: © Virginia Brunn